Konjunktur Insight: Gedrosseltes Tempo in der Automobilindustrie

©gettyimages/Morsa Images/Gedämpfte Geschäftserwartungen, trübe Exportaussichten, Sorgen um die Inlandsnachfrage und eine hohe Kostenbelastung drücken auf die Investitionsneigung der deutschen Automobilindustrie.
Warum sollte ich diesen Artikel lesen?
  • Die Automobilindustrie prägt die deutsche Wirtschaft maßgeblich und ist zudem die forschungsstärkste Branche.
  • Veränderte nationale und internationale Bedingungen haben Einfluss auf die Investitionsbereitschaft innerhalb der Automobilbranche genommen.
  • Erfahren Sie, wie es 2024 um die deutsche Automobilindustrie steht.

Auch wenn die deutschen Automobilhersteller ihre Geschäftslage im Frühsommer 2024 merklich besser einschätzen als die Industrie insgesamt, können sie weiterhin nicht an die gute Stimmung der vergangenen 20 Jahre anknüpfen. Das ermittelte die Deutsche Industrie- und Handelskammer in einer Sonderauswertung ihrer aktuellen Konjunkturumfrage. Demnach sind auch die Geschäftserwartungen in der Automobilindustrie gedämpft. Trübe Exportaussichten, Sorgen um die Inlandsnachfrage und eine hohe Kostenbelastung drücken zusätzlich auf ihre Investitionsneigung. Dies stimmt nachdenklich, ist der Kfz-Bau doch die forschungsstärkste Branche hierzulande.

Geschäftslage und Erwartungen weiter auf niedrigem Niveau

Die Automobilindustrie schätzt seine Geschäftslage im Frühsommer 2024 zwar merklich besser ein als die Industrie als Ganzes, kann jedoch weiterhin nicht an die durchschnittliche Lagebewertung der letzten 20 Jahre anknüpfen. Jedes fünfte Unternehmen bewertet seine aktuelle Situation als positiv, wohingegen 16 Prozent eine schlechte Geschäftslage melden. Mit einem Saldo von 4 Punkten fällt die Lageeinschätzung hier etwas besser aus als im Schnitt der Investitionsgüterhersteller (2 Punkte) sowie der Industrie als Ganzes (minus 5 Punkte). Allerdings bleiben die Einschätzungen der Kfz-Bauer weit unter dem langjährigen Schnitt von 23 Punkten.

Auf die zukünftige Geschäftsentwicklung blicken die Betriebe mit Sorgenfalten. Zu strukturellen Herausforderungen am Standort Deutschland kommen die Veränderungen innerhalb der Branche wie beispielsweise die Dekarbonisierung, die zunehmende Digitalisierung oder das veränderte Mobilitätsverhalten. Eine weitere Herausforderung ist der harte Wettbewerb auf den globalen Absatzmärkten bei gleichzeitig verkürzten Entwicklungszeiten für neue Modelle. Immerhin verbessert sich der Saldo der Geschäftserwartungen auf minus 16 Punkte nach minus 33 Punkten zu Jahresbeginn, ist aber noch deutlich entfernt vom langjährigen Schnitt (5 Punkte).

©DIHK-Konjunkturumfrage

Hauptrisiko: Energie- und Rohstoffpreise

Ein Durchstarten der Branche ist damit nicht in Sicht. Denn die Kfz-Bauer müssen gleichzeitig mehrere Risiken für ihre wirtschaftliche Entwicklung meistern. In der relativ energieintensiven Branche fallen Energie- und Rohstoffpreise stark ins Gewicht. Dieses Risiko erhält mit 71 Prozent die meisten Nennungen – deutlich mehr als im Schnitt der gesamten Industrie (63 Prozent). Aber auch die Arbeitskosten werden von den Kfz-Bauern stärker als Gefahr wahrgenommen (62 Prozent, in der Industrie gesamt: 55 Prozent). Um die Inlandsnachfrage sorgen sich zwar weniger Automobilhersteller als zuletzt; dennoch wird dieses Risiko mit 63 Prozent (Jahresbeginn 2024: 70 Prozent) am zweithäufigsten genannt.

Exportgeschäft weiterhin trüb

Die Kraftfahrzeugindustrie ist der wichtigste Treiber deutscher Ausfuhren. Aber die Exporterwartungen der Kfz-Bauer für die kommenden zwölf Monate sind wenig optimistisch. Vom Auslandsgeschäft kommen zu wenig Impulse. 18 Prozent der Unternehmen erwarten ein Exportwachstum, 29 Prozent sinkende Ausfuhren. Der Saldo der Branche bleibt erneut bei minus 11 Punkten. Der langjährige Schnitt liegt bei plus 12 Punkten.

Investitionsbereitschaft in der Innovationsbranche sinkt nochmals

Die trüben Exportaussichten, Sorgen um die Inlandsnachfrage und eine hohe Kostenbelastung hierzulande drücken auf die Investitionsneigung der Automobilhersteller. Die Investitionsabsichten verschlechtern sich im Saldo merklich auf minus 15 Punkte (nach zuvor minus 7 Punkten). Die Autobauer entfernen sich immer mehr von ihrem langjährigen Schnitt von 3 Punkten. Mit 57 Prozent der Nennungen planen mehr Betriebe als zuletzt Investitionen in den Ersatzbedarf (Jahresbeginn 2024: 50 Prozent). Diese sind unumgänglich, um den Betrieb aufrechtzuerhalten.

In eine Erweiterung der Kapazitäten will zwar derzeit jeder vierte Kfz-Bauer investieren – damit ist die Quote etwas höher als noch zu Jahresbeginn (20 Prozent). Allerdings ist auch dies noch deutlich vom Schnitt der letzten Jahre entfernt (34 Prozent). Abstriche machen die Betriebe bei ihren Investitionen in Produktinnovationen (46 Prozent nach 49 Prozent, langjähriger Schnitt: 53 Prozent). Das stimmt ebenfalls nachdenklich, ist der Kfz-Bau hierzulande doch die forschungsstärkste Branche.

Relevant bleibt für die Automobilhersteller ein Engagement im Ausland. Das zeigt die jüngste DIHK-Umfrage zu den Auslandsinvestitionen in der Industrie. 65 Prozent der Kfz-Bauer (2023: 57 Prozent) – und damit deutlich mehr als in der gesamten Industrie (42 Prozent) – wollen Auslandsinvestitionen tätigen. Allerdings planen sie mit einem geringeren Budget als noch vor einem Jahr. Der Saldo der beabsichtigten Investitionen im Ausland halbiert sich im Vergleich zum Jahresbeginn 2023 fast von 34 auf 19 Punkte.

Mit 46 Prozent der Nennungen (nach zuvor 51 Prozent) bleiben die Kosten das dominierende Investitionsmotiv. Das ist bedenklich, denn Unternehmen, die zur Kosteneinsparung im Ausland investieren, haben auch hierzulande verringerte Investitions- und Beschäftigungspläne. Immerhin beabsichtigen 45 Prozent der Betriebe, in die Markterschließung im Ausland zu investieren, 9 Prozent möchten Geld in den Aufbau von Vertrieb und Kundendienst stecken.

Personalpläne bleiben tiefrot

Wie in den vergangenen Umfragen muss die Automobilindustrie mit weniger Personal planen. Der Beschäftigungssaldo bleibt trotz geringfügiger Verbesserung im tiefroten Bereich (minus 32 Punkte nach 39 Punkten). Damit liegt diese Branche deutlich unter ihrem langjährigen Schnitt von minus 15 Punkten. Zugleich reduzieren sich die Nennungen des Faktors „Fachkräftemangel“ als Geschäftsrisiko (49 Prozent nach zuvor 50 Prozent).

Text: Deutsche Industrie- und Handelskammer

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