IHK-Konjunkturumfrage: Kurve zeigt leicht nach oben, Investitionsbereitschaft niedrig

©IHK Erfurt/IHK-Konjunkturumfrage Frühjahr 2023-Konjunkturklimaindex des IHK-Bezirkes Erfurt
IHK-Konjunkturumfrage Frühjahr 2023-Konjunkturklimaindex des IHK-Bezirkes Erfurt
Warum sollte ich diesen Artikel lesen?
  • Der aktuelle Konjunkturklimaindex stieg leicht um 10 Prozent. Der Aufwärtstrend ist aber überschaubar.
  • Weiterhin ist die anhaltende Unruhe am Energiemarkt neben der Fachkräftesituation größter Risikofaktor.
  • Lesen Sie, wie die Unternehmen ihre gegenwärtige Geschäftslage und den Blick in die Zukunft einschätzen, was die größten Risikofaktoren sind und warum die Politik nun gefordert ist.

Es geht langsam aufwärts. Die Wirtschaft ist besser durch den Winter gekommen als noch im Herbst 2022 zu befürchten war. Eine Energieknappheit ist nicht eingetreten und die Lieferketten haben sich leicht entspannt. Damit konnte eine Rezession erst einmal abgewendet werden. Von einem nachhaltigen Wachstum, wie es eigentlich nach der Corona-Krise zu erwarten gewesen wäre, sind wir aber noch weit entfernt.

Konjunktur-Klimaindex leicht gestiegen

Dafür sind die Schritte in Richtung konjunkturelle Erholung nach dem Einbruch im Herbst einfach zu gering. Es fehlen die notwendigen Investitionen. Der Konjunktur-Klimaindex, der die aktuelle Situation sowie die Erwartungen und Pläne für die nächsten Monate beschreibt, verbessert sich zwar im Vergleich zum Jahresbeginn 2023 um zehn Punkte und erreicht jetzt 100 von 200 möglichen Punkten. Allerdings bleibt er weiter unter dem langjährigen Durchschnitt von 105 Punkten.

Portrait Dr. Cornelia Haase-Lerch, Hauptgeschäftsführerin der IHK Erfurt

Erfreulich ist: die Kurve zeigt wieder nach oben. Dennoch stellen sich für eine starke Konjunktur weitere Aufgaben, die gelöst werden müssen: hohe Energiepreise, steigende Zinsen infolge der zu hohen Inflation, eine schwächelnde weltweite Nachfrage, Fachkräftemangel, zu langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren und der Krieg in der Ukraine.

– Dr. Cornelia Haase-Lerch, Hauptgeschäftsführerin der IHK Erfurt

Erwartungen der Wirtschaft dennoch gedämpft

Branchenübergreifend wird die gegenwärtige Geschäftslage im Vergleich zur vorhergehenden Umfrage nochmals etwas besser eingeschätzt:

  • 33 Prozent der Befragten bewerten ihre momentane Situation mit gut,
  • 47 Prozent äußern sich befriedigend,
  • 20 Prozent votieren noch mit „schlecht“ – fünf Prozentpunkte weniger als zu Jahresbeginn.

Trotz einer insgesamt positiven Konjunkturentwicklung bleiben die Erwartungen der Wirtschaft an die kommenden Monate gedämpft. 30 Prozent rechnen mit weiteren Verschlechterungen (Jahresbeginn 39 Prozent), 19 Prozent gehen von einer Verbesserung aus (Jahresbeginn 14 Prozent). Zu groß sind die nun seit drei Jahren bestehenden und mit der Energiekrise noch verschärften Unsicherheiten.

Eine Stimme aus dem Einzelhandeln:

Peter Peterknecht, Geschäftsführer Buchhandlung Peterknecht GmbH & Co. KG, Erfurt

Der Einzelhandel im Kammerbezirk der IHK Erfurt bewertet die Lage unterschiedlich. Die Situation hängt wesentlich von der geografischen Lage ab. Städte haben es leichter. Die Frequenz ist noch rückläufig, das Kaufverhalten jedoch positiv. Die private Konsumbereitschaft im Einzelhandel scheint solide. Wir sind aktuell in der Lage die erhöhten Kosten durch erhöhte Umsätze zu kompensieren.

– Peter Peterknecht, Buchhandlung Peterknecht GmbH & Co. KG, Erfurt

Energiepreise sind weiterhin größter Risikofaktor

Die anhaltende Unruhe im Energiemarkt und die bestehende Unschärfe, aus welchen Quellen zukünftige Energiebedarfe der Wirtschaft gedeckt werden sollen, bereitet den Unternehmen Sorge. Hinzu kommt die hohe Inflationsrate und die daraus resultierende schwache Konsumneigung.

Die überwiegende Mehrzahl der Unternehmer (85 Prozent) sehen weiterhin in den hohen Energiepreisen den größten Risikofaktor. Die Preisberuhigung auf den Energiemärkten in den letzten Wochen, die Füllstände in den Gasspeichern und das Ausbleiben einer Gasmangellage in diesem Winter haben den Druck bei den Energiepreisen aber zumindest etwas gelindert.

Stimme aus der Industrie:

„Die aktuelle Geschäftslage der Industrie ist relativ stabil, nach einer tiefen Talfahrt in den letzten Monaten. Erwartungen sind weiter gedämpft, denn Lieferketten sind weiterhin angespannt, Materialengpässe haben sich zum Teil weiter verschärft und die Suche nach Fachpersonal wird immer schwieriger“, betont der Geschäftsführer der Becher Oberflächenveredlung GmbH aus Nesse-Apfelstädt, Sebastian Becher.

Sebastian Becher, Becher Oberflächenveredlung GmbH, Nesse-Apfelstädt

Der Industrie fehlt Planungssicherheit für anstehende Investitionen. Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen sind aktuell nicht optimal, inkonsistent und auch nicht verlässlich. Wir brauchen wieder mehr wirtschaftsfreundliche Entscheidungen der Politik!

– Sebastian Becher, Geschäftsführer Becher Oberflächenveredlung GmbH, Nesse-Apfelstädt

Neben den Energiepreisen spielen der Fachkräftemangel und eng damit verbunden die Höhe der Arbeitskosten in der Risikoeinschätzung eine wichtige Rolle. Gerade angesichts der demografischen Entwicklung wird das Thema Fachkräfte eine der wesentlichen strukturellen Herausforderungen für die Unternehmen in Zukunft bleiben. Das Risiko Arbeitskosten rückt momentan verstärkt in den Fokus und wird von den Firmenchefs so hoch bewertet wie noch nie seit Beginn der Abfrage im Jahr 2011. Hauptsächlich in den Bereichen mit einem starken Fachkräfteengpass wird dieser Faktor risikobehaftet eingestuft.

Konjunkturpressegespräch in der Buchhandlung Peterknecht in Erfurt am 11. Mai 2023 mit IHK-Hauptgeschäftsführerin Dr. Cornelia Haase-Lerch, Peter Peterknecht Geschäftsführung der Buchhandlung Peterknecht GmbH & Co. KG aus Erfurt (re.) sowie Sebastian Becher, Geschäftsführer der Becher Oberflächenveredlung GmbH aus Nesse-Apfelstädt (li.).
©IHK Erfurt/Konjunkturpressegespräch in der Buchhandlung Peterknecht in Erfurt am 11. Mai 2023 mit IHK-Hauptgeschäftsführerin Dr. Cornelia Haase-Lerch, Peter Peterknecht Geschäftsführung der Buchhandlung Peterknecht GmbH & Co. KG aus Erfurt (re.) sowie Sebastian Becher, Geschäftsführer der Becher Oberflächenveredlung GmbH aus Nesse-Apfelstädt (li.).

Staus Quo bei den Beschäftigtenzahlen und Investitionsabsichten weiterhin gering

Beschäftigungsseitig stehen die Zeichen für die kommenden Monate deshalb für einen Erhalt des Status Quo. 72 Prozent der Befragten wollen ihre Beschäftigtenzahl nicht verändern. 12 Prozent beabsichtigen die Einstellung von weiterem Personal. 16 Prozent müssen eine Reduzierung ihrer Arbeitsplätze einkalkulieren.

Bei den Investitionsabsichten sind im Vergleich zum Jahresbeginn 2023 kaum Veränderungen zu verzeichnen. Neben konjunkturellen Risiken, wie einer sinkenden Nachfrage im In- und Ausland, belasten auch die strukturellen Hemmnisse, wie der Fachkräftemangel oder das hohe Niveau bei Arbeits- und Energiekosten die Investitionsentscheidungen. Zudem sind die Budgets vieler Unternehmen nach wie vor durch hohe Energie-, Material-, Arbeits-, und neuerdings auch Fremdkapitalkosten belastet.

Immer noch mehr als ein Drittel aller Unternehmen muss aufgrund der hohen Kostenbelastung Investitionen zurückstellen oder das Budget kürzen. In der Folge bleibt auch der Anteil der Unternehmen, die mit steigenden Investitionen in den kommenden zwölf Monaten rechnen, mit nur 20 Prozent im Vergleich zur Vorumfrage nahezu unverändert. Hauptmotive für durchgeführte Investitionen sind in erster Linie die Deckung von Ersatzbedarfen (75 Prozent) und Rationalisierungsmaßnahmen (30 Prozent).

Fazit der IHK-Hauptgeschäftsführerin

Unternehmen sind krisenerprobt und robust durch die Krisenjahre gekommen. Die Maßgabe der Krisen lautete ‚auf Sicht fahren‘. Die zuletzt krisenbedingt zurückhaltende Investitionsbereitschaft trägt sich nun mit steigenden Energie-, Material- und Arbeitskosten sowie einer anhaltenden Vorsicht in den Unternehmen fort.

– Dr. Cornelia Haase-Lerch, Hauptgeschäftsführerin der IHK Erfurt

Hintergrundinformation zur Konjunkturumfrage

Die IHK Erfurt befragt dreimal pro Jahr (zum Jahresbeginn, im Frühjahr und im Herbst) rund 700 Unternehmen aus Nord-, Mittel- und Westthüringen der Branchen Industrie, Bau, Verkehrsgewerbe, Handel, Gastronomie und Dienstleistungen zur aktuellen Geschäftslage sowie zu den Erwartungen und Plänen für die kommenden Monate. Die aktuellen Ergebnisse wurden zwischen dem 27. März und dem 28. April 2023 erhoben. Die Rücklaufquote beläuft sich auf 36 Prozent.


Die ausführlichen Ergebnisse der Konjunkturumfrage sind der zugehörigen Anlage zu entnehmen.

Die Ergebnisse in der Übersicht:

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Jana Pfalzgraf

Jana Pfalzgraf

Tel: 0361-3484217

E-Mail: pfalzgraf@erfurt.ihk.de

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