Die Tourismusindustrie zählt zu den Branchen, die weltweit am stärksten von der Corona-Krise getroffen wurde. Neben den bekannten Folgen für die internationalen Touristiker mussten auch die regionalen Unternehmer der Branche erhebliche Einbrüche hinnehmen. Wie groß die Verluste sind und ob die von der Bundesregierung bereitgestellten Hilfen ausreichen, wird sich erst allmählich herausstellen. Die wichtigste Frage ist, ob und wie sich das Reiseverhalten und die Urlaubspläne der Deutschen ändern.
Unternehmer mit Blick auf Ostern verhalten optimistisch
Für die internationale und regionale Tourismusbranche ist 2022 ein Startsignal zur Beendigung des Krisenmodus – die Unternehmer richten ihren Blick in die Zukunft. In Hinblick auf die im Freistaat anstehenden Osterwochen sind sie verhalten optimistisch. Nach Auskunft der Thüringer Tourismus GmbH (TTG) seien einige Unterkünfte schon gut ausgebucht, jedoch betrifft dies vor allem die Städte Weimar und Eisenach. Die Situation sei jedoch noch nicht zufriedenstellend. Die Unternehmer hoffen, dass sich viele Urlauber noch kurzfristig entscheiden und die jüngsten Lockerungen der Corona-Regelungen die Buchungszahlen noch weiter anheben werden. Mut macht, dass auch die Auswertung des aktuellen Tourismusbarometers zeigt, dass sich die Branche in Ostdeutschland krisenfester als im bundesweiten Durchschnitt erwies. Dennoch waren die Auswirkungen enorm.
Tourismusbarometer für Ostdeutschland
Jedes Jahr stellt der Ostdeutsche Sparkassenverband das aktuelle Tourismusbarometer mit der Tourismusentwicklung in den ostdeutschen Regionen und der wirtschaftlichen Situation des Gastgewerbes vor. Dazu kommt in jedem Jahr ein spezielles Branchenthema. Die Zahlen geben auch Rückschlüsse auf die Situation der Tourismus- und Gastro-Branche in Thüringen.
Die wichtigsten Ergebnisse:
- Der ostdeutsche Tourismus hat sich krisenfester als der bundesweite Schnitt erwiesen. Gründe dafür liegen u.a. im hohen Anteil privat motivierter Reisen, der vergleichsweise geringeren Bedeutung des Incoming- und Städtetourismus sowie des Kongress- und Tagungsmarktes.
- Die Zahl der Übernachtungen in den ostdeutschen Reisegebieten ist 2021 im Vergleich zu 2019 um 30 Prozent zurückgegangen, in Thüringen um 36 Prozent.
- Tagesreisen lagen 2021 noch 14 Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau, haben sich aber Mitte des vergangenen Jahres wieder dem Normalniveau angenähert. Das betrifft auch einen Teil der Aktivitäten auf Tagesausflügen wie Shopping und Gaststättenbesuche. Der Besuch von Sehenswürdigkeiten und Veranstaltungen liegt noch deutlich unter dem Durchschnitt der Vor-Corona-Jahre.
- Gleichzeitig stagniert die Gästezufriedenheit, in Ostdeutschland wie bundesweit. Besonders bei der Qualität der Zimmer und beim Preis-Leistungsverhältnisses sehen die Gäste Ostdeutschland hinter dem Wettbewerb zurück.
- Für die Unternehmen zeichnen sich deutliche Kostensteigerungen ab, vor allem bei den Energie- und Personalkosten, die nur über Preissteigerungen zu verkraften sein werden. Das hat sich bereits in den letzten beiden Jahren angedeutet, wie das Beispiel Hotellerie (Daten STR-Global) zeigt: Die durchschnittlichen Zimmerpreise in Ostdeutschland lagen 2019 bei rund 84 Euro, 2020 bei 91 Euro und 2021 bei 98 Euro.
- Die Corona-Wirtschaftshilfen haben Schlimmeres verhindert. Zumindest für das Jahr 2020 zeigt die Auswertung der Bilanzkennzahlen der Sparkassenkreditkunden, dass wichtige Kennzahlen wie die Eigenkapitalquote oder die Gewinnmarge stabil blieben. Auch eine Überschuldung ist aus den Zahlen nicht ablesbar. Das heißt, dass sich die Krise in den betriebswirtschaftlichen Kennzahlen weniger niederschlägt als bei einer Betrachtung der reinen Nachfrage.
- Besorgniserregend sind die Zahlen zum touristischen Arbeitsmarkt für 2021. Das Gastgewerbe verzeichnete rund 13 Prozent weniger Arbeitskräfte als 2019. Alarmzeichen auch aus dem Ausbildungsmarkt. Der Nachwuchskräftemangel nimmt weiter zu, die gemeldeten Stellen im Gastgewerbe sind rückläufig und dennoch blieben 2021 27 Prozent der Stellen unbesetzt.
Arbeitskräftemangel erschwert Qualitätssicherung
Die Fachkräftemangel ist und bleibt die größte Herausforderung der Branche. Die vergangenen beiden Corona-Jahre haben die Situation deutlich verschärft – nicht zuletzt durch den Mitarbeiterverlust an andere Branchen und einen spürbaren Investitionsrückgang. Gleichzeitig sind die Ansprüche der Gäste weiter gestiegen. Die Gästezufriedenheit wird zum großen Teil durch den persönlichen Service bestimmt. Die Autoren des Sparkassen- Tourismusbarometers sehen drei Säulen für die Mitarbeitersicherung der Zukunft
Coronabedingt hat sich in unserem Unternehmen ‚Klausenhof‘ vieles verändert. Leider haben wir qualifiziertes Personal verloren und sind momentan auf der Suche nach neuen, motivierten Mitarbeitern. Aktuell müssen wir andere Wege gehen und öffnen unseren Gastronomiebetrieb von Donnerstag bis Sonntag, an den übrigen Tagen nach Absprache oder für Veranstaltungen. Optimistisch stimmte uns das gut verlaufene Ostergeschäft. Wir werden nicht jammern, sondern die Sache anpacken und weiterhin alles tun, damit unsere Gäste zufrieden sind.
– Klaus Röhrig, Seniorchef „Klausenhof“ – Wirtshaus mit historischer Herberge, Bornhagen
Die drei Säulen für die Mitarbeitersicherung der Zukunft:
- Mitarbeitersuche im In- und Ausland,
- Mitarbeiterbindung, Anreize schaffen, die über eine gute Entlohnung hinausgehen (Wertschätzung, Sinnhaftigkeit, Spaß…) und
- Prozessoptimierung: neue Betriebskonzepte und -prozesse mit weniger Personalbedarf für die Zukunftssicherung.
Quelle: IHK/Sparkassen-Tourismusbarometer Ostdeutschland 2022,OSV/dwif-consulting GmbH
Die Kurzfassung des Sparkassen-Tourismusbarometers:
Die Präsentation zum Thema: