Stadtentwicklung im Zeichen des Klimawandels: Erfurts Strategie für ein grünes Stadtklima 

© IHK Erfurt | Blick auf den Dom Erfurt. | Erstellt mit Canva Pro
© IHK Erfurt | Blick auf den Dom Erfurt. | Erstellt mit Canva Pro
Warum sollte ich diesen Artikel lesen?
  • Stadtgrün spielt eine Schlüsselrolle für Erfurts Stadtklima – erfahren Sie, wie.

  • Konkrete Maßnahmen zeigen, wie Klimaanpassung in Verwaltung & Wirtschaft gelingt.

  • Praxisnahe Beispiele veranschaulichen die Umsetzung in Erfurts Alltag.

Der Klimawandel ist längst in Erfurt angekommen – mit spürbaren Folgen für Bewohner, Verwaltung und Unternehmen. Umweltamtsleiter Jörg Lummitsch erklärt, wie sich die Stadt konkret auf heiße Sommer, Starkregen und Trockenheit einstellt – und warum dabei auch die lokale Wirtschaft gefragt ist. 

Der 20. Juli 2022 war ein außergewöhnlicher Tag. Mit 41 Grad Celsius in der Erfurter Innenstadt brach dieser Mittwoch alle Temperaturrekorde seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Solch heiße Tage könnten bald zur Norm werden. Der Klimawandel heizt Innenstädte immer stärker auf, das ist längst bekannt. Bereits 2010 hatte eine Studie von Wissenschaftlern aus Großbritannien auf die Problematik des immer stärkeren Aufheizens von Städten aufmerksam gemacht.

Auch die Thüringer Landeshauptstadt Erfurt spürt derweil die Auswirkungen der Erderwärmung, die immer heißeren Sommer und stärker zurückgehenden Niederschläge. Für Jörg Lummitsch, Amtsleiter des Umwelt- und Naturschutzamtes in Erfurt, gehören die gegenwärtigen und zukünftigen Veränderungen zum Arbeitsalltag. Und auch wenn der Amtsleiter nicht klar sagen kann, wie genau sich die Klimaveränderungen entwickeln, so steht das Thema der Klimaanpassungen in Erfurt auf seiner Agenda ganz oben. Als Projektleiter für Maßnahmenkonzepte zur hitzeresilienten Stadtentwicklung, beschäftigt Jörg Lummitsch sich mit Ist-Zustand und mit Zukunftsvorhaben, gleichermaßen.

📌 Großgrün in Erfurt

  • Bedeutende Grünstrukturen in Parks und Flussauen
  • Rund 90.000 Stadt- und Straßenbäume
  • Funktion: Kühlung, Lebensqualität, Biodiversität

Großgrün: Die natürliche Klimaanlage der Stadt

In diesem Zusammenhang betont Lummitsch die Bedeutung des sogenannten Großgrüns, also raumübergreifende Grünstrukturen, die eine wichtige Rolle für das Stadtklima, die Erholung, die biologische Vielfalt und die Lebensqualität haben.

Jörg Lummitsch, Amtsleiter des Umwelt- und Naturschutzamts der Stadt Erfurt

„Dieses Großgrün ist die wichtigste Klimaanlage, die wir in der Stadt haben,

Jörg Lummitsch, Amtsleiter des Umwelt- und Naturschutzamts der Stadt Erfurt

sagt der Amtsleiter und hebt die Rolle von Parkanlagen und Flussauen in Erfurt und seinen Ortsteilen besonders hervor.

Die Gera als grüne Lebensader – Flussauen sorgen für Kühlung und Artenvielfalt
Die Gera als grüne Lebensader – Flussauen sorgen für Kühlung und Artenvielfalt

Dass dabei aber auch die rund 90.000 Straßen- und Stadtbäume eine wichtige Rolle spielen, ist für den Amtsleiter des Umweltamtes und seine Mitarbeitenden selbstverständlich. Dennoch seien diese Bäume vielerorts gefährdet. Sommerliche Hitze, extreme Niederschlagsereignisse oder krasse Frost-Situationen im Winter führten zu Stress. Ergänzt durch das immer weniger werdende innerstädtische Erdreich, würden vielen der Bäumen inzwischen die Resilienz-Mechanismen fehlen.

„Ein Baum braucht mindestens zwölf Kubikmeter Erdraum, um seine Wurzeln zu entfalten und widerständig zu sein, erklärt Lummitsch. Die zunehmende Erschließung des urbanen Raums mit Strom- und Datenkabeln greife diesen Bedarf aber ebenfalls ab.


Bereits in den 1990er Jahren sei dieses Thema in den Fokus gerückt, bis heute hält es an.

📌 Stadtgrünkonzept Erfurt

  • Entwicklung im Rahmen der BUGA 2021
  • Empfehlungen für klimaresiliente Baumarten
  • Fokus auf Innenstadt und Ortsteile

Erfurt setzt auf klimaresiliente Begrünung

Dennoch gehöre es auch zur Klimaanpassung einer Stadt, das urbane Grün auf die Veränderung vorzubereiten und eventuell auch mit nicht-heimischen Arten zu arbeiten. Am Rande der Bundesgartenschau 2021 hatte die Landeshauptstadt daher das Erfurter Stadtgrünkonzept aufgelegt, das dezidierte Empfehlungen für Baumpflanzungen in der Innenstadt und den Ortsteilen bündelt.

erklärt Jörg Lummitsch und verweist auf eine Broschüre als Basis für künftige Pflanzungen.
Ein Konzept, das sinnvoll erscheint. Auch weil zwischen Innenstadt und Umland bis zu zehn Grad Celsius Temperaturunterschied liegen können, wie Jörg Lummitsch erklärt.

Wohnbebauung im Grünen – Erfurts Stadtentwicklung setzt auf klimaangepasstes Umfeld
Wohnbebauung im Grünen – Erfurts Stadtentwicklung setzt auf klimaangepasstes Umfeld

Die „natürlichen Klimaanlagen“ würden dazu beitragen, Temperaturen in der Innenstadt auch an heißen Sommertagen erträglicher zu halten, zugleich die Aufenthaltsqualität zu steigern.

sagt Lummitsch.

Er verweist auf eine zweite Herausforderung, die mit den veränderten Umweltbedingungen einhergehe: Wassermangel in Oberflächengewässern:


📌 Maßnahmen für Unternehmen

  • Dach- und Fassadenbegrünung
  • Entsiegelung von Flächen
  • Regenwassermanagement auf Firmengeländen

Klimaanpassung geht nur gemeinsam

Umso wichtiger sei es daher, die Klimaanpassung nicht nur als Stadtverwaltung vorzunehmen, sondern auch im Individuellen entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Retentionsflächen und andere Möglichkeiten der Wassersicherung und -haltung seien entsprechende Möglichkeiten, so Lummitsch. Dass diese sich auch mit Wirtschaftsunternehmen verbinden ließen, würden vereinzelte Beispiele bereits zeigen. Etwa dann, wenn ein Unternehmen sich für eine Dachbegrünung der Produktionsstätte oder die Entsiegelung nicht benötigter Flächen entscheide. Die Sammlung und Grundwasserzuleitung von Regenwasser auf dem Firmenparkplatz, sei ebenso möglich.

sagt Lummitsch.

📌 Mobilitätswende in Erfurt

  • Dachbegrünte Fahrradabstellanlagen
  • Elektrifizierung städtischer Fahrzeuge
  • Förderung nachhaltiger Mobilität

Mobilitätswende als Teil des Klimaplans

Solch kleine Anpassungen nimmt auch das Amt selbst vor. So ist etwa der Fahrradständer hinter dem Bürogebäude des Umweltamtes mit einer Dachbegrünung versehen.

berichtet Lummitsch und nennt daneben auch Fassadenbegrünungen insgesamt als eine gute Lösung für ein besseres Stadt- und Raumklima. Eine andere Anpassung sieht Lummitsch in der Mobilitätswende.

Begrünte Fassaden und Dachbepflanzungen verbessern das Stadtklima – auch in dicht bebauten Quartieren


Während auch immer mehr städtische Fahrzeuge inzwischen auf Elektroantrieb umgestellt werden, sei dies auch für eine Innenstadt insgesamt ein guter Ansatz:

Städtisches E-Fahrzeug an der Ladestation – Umweltfreundlich unterwegs in Erfurt
Städtisches E-Fahrzeug an der Ladestation – Umweltfreundlich unterwegs in Erfurt

Nichtsdestotrotz bedeute eine zukunftsfähige und den Herausforderungen des Klimawandels angepasste Stadt jedoch insbesondere ein vernünftiges Konzept im Öffentlichen Personennahverkehr und eine hohe Individualmobilität, die insbesondere von Fahrrädern und Fußgängerzonen ausgehe, so Lummitsch.
Die Herausforderungen des Klimawandels sind komplex – aber auch eine Chance, Stadt und Wirtschaft zukunftssicher zu gestalten. Erfurt zeigt, wie es geht: mit Mut zu Grün, cleverer Technik und gemeinsamer Verantwortung.

Text: Paul-Philipp Braun 

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Antje Welz

Antje Welz

Tel: 0361-3484218

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