Unternehmens­wert bei Übergabe: wie hilft der KMU Rechner?

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Warum sollte ich diesen Artikel lesen?
  • Eine Unternehmensnachfolge ist oft eine Herzensangelegenheit für den Altinhaber.
  • Bei der Festsetzung eines Kaufpreises überschätzt er häufig den Wert seines Unternehmens und gefährdet ggf. die Übernahme.
  • Wir wissen, was bei der Bewertung eines Unternehmens zu beachten ist und welche Hilfe der digitale KMU-Rechner bietet.

Auf der Suche nach einem Nachfolger für das eigene Unternehmen? Oder ist ein potenzieller Nachfolger schon gefunden? Bevor eine mögliche Unternehmensnachfolge weiter vorangetrieben oder gar vollzogen werden kann, ist die Bewertung des eigenen Unternehmens ein wichtiger Meilenstein. Sie ist die Objektivierung des Wertes Ihres Unternehmens und immer auch ein „Moment der Wahrheit“ – für Sie selbst, aber auch für potenzielle Käufer und umfasst mehr als nur den reinen Kaufpreis.

Wertüberschätzung birgt doppelte Gefahr

In der Höhe des Kaufpreises liegt häufig ein Grund für Differenzen zwischen dem Altinhaber und dem Unternehmensnachfolger: Der Nachfolger möchte natürlich einen möglichst geringen Kaufpreis zahlen. Der Unternehmer dagegen überschätzt häufig den Wert seines Unternehmens. Das ist nachvollziehbar und verständlich, da er in das Unternehmen viele Jahre der Mühe und Arbeit eingebracht hat.

Allerdings führt die Wertüberschätzung zu einer doppelten Gefahr für das Unternehmen:

  • Einmal wird es schwierig sein, einen Nachfolger zu finden, der bereit und in der Lage ist, den hohen Kaufpreis zu zahlen.
  • Zum anderen besteht die Gefahr, dass sich der Nachfolger bei einem überhöhten Kaufpreis und den damit verbundenen Finanzierungskosten wirtschaftlich übernimmt bzw. die Kapitaldienstfähigkeit des Unternehmens überschritten wird.

Viele der Übernahmen mit nachträglichem Zusammenbruch des Unternehmens sind auf einen überhöhten Kaufpreis zurückzuführen. Die Ermittlung des Unternehmenswertes und -preises ist keine Kleinigkeit und muss sehr sorgfältig und für alle Beteiligten nachvollziehbar vonstattengehen.

Vom Unternehmenswert zum Kaufpreis

Wie bei jeder Ware entscheiden Angebot und Nachfrage über die Höhe des Preises. Im konkreten Einzelfall spielt dann natürlich noch das Verhandlungsgeschick des Käufers und Verkäufers eine ausschlaggebende Rolle. Um den Einstieg in die Verhandlung zu erleichtern, gehen beide Partner von einer Verhandlungsbasis aus. Diese lässt sich über verschiedene Wege ermitteln:

  1. Vergleichswertverfahren: „Was kosten die anderen?“
    In Branchen, in denen Unternehmensübertragungen vergleichbarer Unternehmen häufig sind, werden als Verhandlungsbasis meist die Preise bisheriger Transaktionen herangezogen. Dazu wird die Multiplikatorenmethode genutzt, da diese einfach und rasch eine überschlägige erste Wertindikation produziert. Dabei werden Unternehmenskennzahlen von branchengleichen Unternehmen herangezogen, die ähnliche oder fast deckungsgleiche Kennziffern aufweisen.

    Je nach Branche können entweder wenige oder Teilgrößen genutzt werden, die in dem jeweiligen Markt als besonders dominant oder stabil angesehen werden oder aber es wird auf betriebswirtschaftliche Kennzahlen zurückgegriffen.

    Einerseits kann man den Jahresumsatz ansetzen und mit einem branchentypischen Faktor multiplizieren, um auf den Unternehmenswert zu schließen. Andererseits kann man den Gewinn (Bsp. EBIT) mit einem Multiplikator heranziehen, um den Unternehmenswert zu bestimmen.
  2. Ertragswertmethode: „Wie viel Gewinn erwirtschaftet das Unternehmen in Zukunft?“
    Durch langjährige Anwendung bei der Bewertung von Unternehmen ist die Ertragswertmethode auch durch die Rechtsprechung anerkannt. Im Vordergrund steht die zukünftige Ertragskraft des Unternehmens. Auch für Banken hat dieser Aspekt wesentlich mehr Bedeutung als die Unternehmenssubstanz: Denn nur eine entsprechende „Verzinsung“ des Kaufpreises in Form zukünftiger Unternehmensgewinne bietet die Sicherheit, dass der Nachfolger das zur Kaufpreisfinanzierung aufgenommene Darlehen inklusive Zinsen auch zurückzahlen kann.

    Die Kernfrage ist daher: Wie hoch darf der Kaufpreis sein, damit der erwirtschaftete Gewinn eine angemessene Verzinsung darstellt? Entscheidend ist also die zukünftige Ertragskraft (i. d. R. für die folgenden fünf Jahre) einer Unternehmung, damit der Nachfolger aus den Erträgen nicht nur die im Unternehmen erforderlichen Investitionen, sondern auch seine Zins- und Tilgungszahlungen (Kapitaldienst) aus dem Kauf der Unternehmung finanzieren kann.
    Nach dem Ertragswertverfahren wird der Unternehmenswert durch eine sogenannte Abzinsung (Verzinsung) künftig zufließenden finanziellen Erträge ermittelt. Diese werden mit dem Kapitalisierungszinsfuß abgezinst. Hierbei handelt es sich um einen Zinssatz für risikolose Kapitalanlagen, wie beispielsweise deutsche Bundesanleihen, plus einen Aufschlag für das Unternehmerrisiko. Im konkreten Fall hängt die Höhe von der jeweiligen Risikobeurteilung, der Annahme über künftige Geldentwertung und Refinanzierungsmöglichkeiten des Käufers ab. Die Höhe des sogenannten Risikozuschlags wirkt sich dabei erheblich auf die Höhe des Unternehmenswertes aus.

    Bewertungen in Deutschland basieren häufig auf dem Standard „Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen“ (IDW S 1), den das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) entwickelt hat. Nach IDW S 1 ergibt sich der Unternehmenswert grundsätzlich aus den finanziellen Erträgen, die bei Fortführung des Unternehmens erwirtschaftet werden. Steuerberater und Wirtschaftsprüfer unterstützen kleine und mittlere Unternehmen eine geeignete Bewertung in Anlehnung an den IDW S 1 Standard zu finden.

Der KMU-Rechner – mit dem digitalen Tool zur schnellen Wertorientierung

Ein Einstieg über die vorgenannten Methoden ist regelmäßig nur mit einem Fachberater möglich. Wenn schnell ein Ergebnis zur Wertorientierung gewonnen werden soll, kann der KMU-Rechner (www.kmurechner.de) genutzt werden.

Mit dem digitalen Online-Tool können Verkäufer und Käufer einen konkreten Wert für ein bestimmtes Unternehmen errechnen und greifen dabei auf eine detaillierte Ertragswertberechnung zurück. Dabei muss der Nutzer kein Bewertungsprofi sein, denn das kostenfreie Tool ist geeignet, um eine erste Orientierung zum Unternehmenswert zu generieren.

Jörn Fröbel

Unternehmensbewertung für jedermann: der KMU-Rechner ist ein pragmatisches Tool, dass belastbare Ergebnisse liefert und für den Einstieg in die Berechnung des Unternehmenswertes geeignet ist.

– Jörn Fröbel, IHK-Finanzexperte der IHK Erfurt

Das Tool wurde wissenschaftlich vom EMF-Institut unter Förderung des BMWK erstellt und wird von Industrie- und Handelskammern im Rahmen von Nachfolgeberatungen zur Orientierung eingesetzt.

Hintergrund: Bewertungsgesetz und Finanzverwaltung

Das Finanzamt greift für die steuerliche Bewertung auf das vereinfachte Ertragswertverfahren im Sinne des Bewertungsgesetzes (BewG) zurück. Dieses Verfahren wird in zwei Schritten durchgeführt. Zunächst werden die nicht betriebsnotwendigen Vermögensteile (z.B. stillgelegte Anlagen, Wertpapiere, Wohngebäude) herausgelöst und mit dem Verkehrswert bewertet und später zum Ertragswert addiert. Der Ertragswert wird im zweiten Schritt auf der Grundlage des betriebsnotwendigen Vermögens ermittelt. Grundlage ist der Durchschnittsertrag der vergangenen drei Jahre, welcher mit einem Faktor multipliziert wird.

Für alle Bewertungsstichtage nach dem 31. Dezember 2015 gilt ein fester Kapitalisierungsfaktor von 13,75. Das Bundesministerium der Finanzen kann den Kapitalisierungsfaktor an die Entwicklung der Zinsstrukturdaten künftig anpassen. Daneben kann für steuerliche Zwecke auch auf andere anerkannte Methoden wie zum Beispiel den IDW S 1 zurückgegriffen werden.

Ein versierter Berater kann im Vorfeld von Unternehmensübertragungen berechnen, ob sich aus der Anwendung der gesetzlichen Norm ein Steuerrisiko ergibt und ob ggf. eine alternative Bewertungsmethode den Wert des Unternehmens besser darstellt.

Quelle: u.a. Institut für Entrepreneurship, Mittelstand und Familienunternehmen (EMF-Institut) der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin), Prof. Dr. Birgit Felden, https://kmurechner.de/, letzter Zugriff: 08.08.2022

Zur Onlinebewertung für kleine und mittlere Unternehmen mit dem KMU-Rechner:

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IHK-Experten:
Jörn Fröbel

Jörn Fröbel

Tel: 0361-3484315

E-Mail: froebel@erfurt.ihk.de

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