Es muss nicht mehr immer der Verbrenner sein: Auch in vielen Unternehmen lassen sich inzwischen Autos mit alternativen Antrieben sinnvoll einsetzen – wenn man sich vorher genau überlegt, wofür sie eigentlich genutzt werden sollen. Für manche Wirtschaftslenker sind derartige Fahrzeuge Teil einer noch größeren Strategie.
Elektrisch unterwegs nur da, wo´s Sinn macht
Nein, um den Fialturm, der hier gerade gefräst wird, nach München zu fahren, ist der weiße Transporter eher nicht geeignet, der draußen auf dem Hof steht. Peter und Markus Huschenbeth würden dieses Auto für diesen Zweck selbst nur ungern nutzen. Und sie würden es deshalb auch nicht von ihren Mitarbeitern verlangen.
Im Inneren des Autos sitzt kein Verbrennungsmotor, sondern ein Elektroaggregat plus Akku. Für einen solchen Langstreckeneinsatz, sagen beide, sei die Reichweite des Autos viel zu gering. Realistisch komme dieses Auto mit vollem Akku ungefähr 100 Kilometer weit. Bis nach München sind es vom Firmengelände der Denkmalpflege Mühlhausen aus aber mehr als 400 Kilometer. Wie oft sollte man da mit diesem Transporter nachladen? Wie lange soll die Fahrt da dauern?
Dennoch bereuen Huschenbeths es überhaupt nicht, diesen E-Transporter – und zudem ein weiteres, baugleiches Fahrzeug – angeschafft zu haben. Die beiden Brüder und Gesellschafter der Denkmalpflege Mühlhausen GmbH & Co. KG haben sich immerhin sehr genau überlegt, wofür das Auto genutzt werden soll. Und wofür nicht. „Für Fahrten rund um den Kirchturm ist das Auto genau richtig“, sagt Peter Huschenbeth. Alles, was in einem Umkreis von 30 bis 40 Kilometer um Mühlhausen liege, lasse sich damit gut erreichen. „Für den täglichen Bedarf völlig ausreichend.“
Vor der Entscheidung steht die Bedarfsplanung von E-Fahrzeugen
Eine derart abwägende, prüfende und analysierende Herangehensweise ist nicht nur mit Blick auf Elektroautos eine, die zweifelsohne in den nächsten Monaten und Jahren immer wichtiger werden wird. Schon seit Langem ließ sich das erahnen. Aber seit dem russischen Angriff auf die Ukraine, der auch bei Kraftstoffen zu einer dramatischen Preissteigerung geführt hat, ist aus Ahnung Gewissheit geworden. Denn inzwischen ist völlig klar, dass eigentlich nur noch der passgenaue und kombinierte Einsatz verschiedener Mobilitätskonzepte dazu führen wird, die damit verbundenen Kosten irgendwie beherrschbar zu halten. Das gilt für Privathaushalte. Das gilt für die Wirtschaft.
Und: es gibt noch mehr als nur die Frage nach der Antriebsform
„Es geht mehr und mehr darum, sich genau zu überlegen, für welche Strecke und welchen Zweck ich als Unternehmer welches Verkehrsmittel einsetze“, sagt Karsten Kurth, der bei der IHK Erfurt für die Bereiche Energie und Klima zuständig ist. Wer von einer größeren Stadt zur nächsten fahre, sei oft mit der Bahn effizient unterwegs; schon weil er die Reisezeit zum Arbeiten nutzen könne. Wer nur selten ein Auto brauche, müsse heute über Carsharing nachdenken.
„Und manchmal ist vielleicht das Fahrrad das Mittel der Wahl“, sagt Kurth, der natürlich auch weiß, dass gerade im ländlichen Raum für viele Unternehmen an dieselgetriebenen Autos kein Weg vorbei führt. Jedenfalls noch nicht. „Da wird sich aber in den nächsten ein bis zwei Jahren viel ändern“, sagt Kurth.
Die Anforderungen steigen: mehr Kilometer, mehr Ladesäulen
Die Automobilhersteller würden demnächst Modelle mit alternativen Antrieben auf den Markt bringen, die besser als bislang zu den Bedürfnissen von Unternehmen passten. Auch von solchen Unternehmen, die abseits der Städte angesiedelt sind und dort ihre Geschäfte machen. Unter anderem Huschenbeths warten auf solche Fahrzeuge. Sie können sich sehr gut vorstellen, noch mehr Autos mit alternativen Antrieben anzuschaffen. Die zwei E-Transporter stellen bislang nur einen kleinen Teil des etwa 35 Transportfahrzeuge umfassenden Fuhrparks des Unternehmens dar.
Wenn es Fahrzeuge gibt, mit denen wir am Montag sicher und ohne Nachladen 600 Kilometer auf eine Baustelle kommen und dort dann einfach den Stecker reinstecken können, dann sind wir dabei.
– Peter Huschenbeth, Denkmalpflege Mühlhausen
Denkmalpflege Mühlhausen mit Strategie zum Mobilitätsmanagement
Einfach so und nebenbei freilich hat sich der Einstieg in die Elektromobilität auch bei der Denkmalpflege Mühlhausen nicht erledigt. Die Mobilitätsbedürfnisse des Unternehmens analysieren, Modelle und Angebote vergleichen und vor allem auch mit denen im Unternehmen sprechen, die die alternativ betriebenen Autos dann regelmäßig fahren sollen – Valentin Petri hat das ausführlich getan. Es ist kein Zufall, dass er als Innovationsmanager in dem Unternehmen arbeitet.
„Es ist ganz wichtig, das Gespräch mit den Kollegen zu suchen“, sagt er. Immerhin könne man die Akzeptanz für Neues nicht einfach so von oben verordnen. „Gerade zur Elektromobilität hat wirklich jeder eine Meinung“, sagt Peter Huschenbeth. Deshalb würden die zwei E-Transporter im Unternehmen nun auch von Beschäftigten gefahren, die offen für diese Technik seien.
Klingt alles nach zusätzlichen Kosten und Mehraufwand? Ist auch so. Das lässt sich nicht bestreiten. „Aber das rechnet sich durch die damit verbundenen Einsparungen ziemlich schnell“, sagt Karsten Kurth. Auch in Zukunft weiterhin stur an den schon seit Jahren oder Jahrzehnten gepflegten Fahr-, Reise- und Transportwegen festzuhalten, werde dagegen immer teurer werden. Vor allem dann, wenn die auf die Verbrennung von fossilen Energieträgern angelegt seien.
Umfassendes Energiekonzept: Photovoltaikanlage bedient den Energiehunger
Bei der Denkmalpflege Mühlhausen indes ist der Einsatz von elektrisch betriebenen Transportern nur ein Teil eines noch größer angelegten alternativen Energiekonzepts – womit wir wieder bei dem Fialturm wären, einem steinernen Schmuckelement, das für die Mariahilf-Kirche in der bayerischen Landeshauptstadt bestimmt ist. Die dort zuletzt verbauten Fialtürme sind erodiert, die Ersatztürme werden nun in Thüringen hergestellt.
Die CNC-Maschine der Denkmalpflege Mühlhausen, die bei dieser Herstellung die wesentlichen Fräsarbeiten erledigt, ist sehr energiehungrig. Etwa die Hälfte des Stroms, der in dem Unternehmen insgesamt verbraucht wird, sagt Markus Huschenbeth, fließe in diese eine Anlage. Immerhin ein Teil davon stammt allerdings aus der großen Photovoltaikanlage, die sich schon heute über die Dächer mehrerer Firmengebäude zieht – und bald noch größer werden soll.
Unser Ziel ist es, die vorhandenen Flächen in den nächsten Jahren zu verdoppeln.
– Markus Huschenbeth, Denkmalpflege Mühlhausen
Die Preissteigerungen beim Strom, die zuletzt ungezählten Unternehmen nicht nur in Thüringen, sondern deutschland- und weltweit das Wirtschaften schwer machen, bereiten deshalb zwar auch der Denkmalpflege Mühlhausen Sorgen. Doch die Sorgen hier sind etwas kleiner als bei Unternehmen, die überhaupt keine eigene Energie erzeugen.
Klimaschutz in kleinen Schritten
Tatsächlich allerdings geht es Huschenbeths bei der Nutzung von Solarstrom ob für die CNC-Maschine oder die E-Transporter nicht ausschließlich um die Senkung von Kosten. Es geht ihnen auch darum, einen zumindest kleinen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Und irgendwie auch darum, dem Geist ihres Arbeitens treu zu bleiben.
Auf die Frage, warum sich man sich in dem Unternehmen, so sehr für erneuerbare Energien begeistert, sagt Markus Huschenbeth auch diesen Satz: „In der Denkmalpflege verbinden wir Tradition schon immer mit Innovation.“
Autor: Sebastian Haak