Donald Trump spielt mit der Weltwirtschaft Roulette. In den ersten 100 Tagen seiner zweiten Amtszeit hat der erste Mann im Weißen Haus bestehende Normen im internationalen Handel über Bord geworfen. Zölle rauf, Zölle runter – stabile Wirtschaftsbeziehungen werden in Frage gestellt. Ist der freie Handel als wirtschaftliches Erfolgsmodell bedroht? Was bedeutet das für Thüringer Unternehmen?
International nachgefragte Innovation kommt aus Thüringen.
Grundlage dafür waren Entwicklungen in der Lasertechnik, die 2018 mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet wurden:
Die Gitterwerk GmbH stellt in Magdala im Weimarer Land optische Komponenten aus Quarzglas her – sogenannte Beugungsgitter, die weltweit in Ultrakurzpuls- und Hochleistungslasern zum Einsatz kommen. Diese Laser können bspw. Negativ-Matrizen für den Druck von Geldscheinen oder Handy-Displays in höchster Präzision bearbeiten. Die Exportquote des mittelständischen Unternehmens liegt bei knapp 60 Prozent. Kunden aus Nordamerika, China, Japan, der Schweiz und UK sowie der Europäischen Union schätzen die Produkte „Made in Magdala“. Deutschland mit 25 Prozent am Gesamtumsatz sehen die beiden Geschäftsführer Dr. Lorenz Stürzebecher und Dr. Frank Fuchs als starken Kernmarkt. In die USA exportiert Gitterwerk aktuell nur circa 5 Prozent der Jahresproduktion. Generell sei das Thema Export ein wahres Bürokratiemonster. Produkte sind auf etwa 15.000 Exportkategorien unterteilt, wovon einige Warengruppen mit Zöllen belegt werden, andere Ausführungsbeschränkungen unterliegen und wieder andere frei gehandelt werden können.
„Beim Thema Zölle liegt aus unserer Sicht die echte Bedrohung in einer Eskalation aus Zoll und Gegenzoll. Das schlägt, wenn man betroffen ist, dann ziemlich tiefe Kerben mit rein, weil man als Firma wenig bis gar nichts dagegen tun kann. Jedes Mal, wenn so eine Störung ein wirtschaftliches System erfasst, braucht es extrem viel Zeit, um die Wogen wieder zu glätten. Und dabei bleiben leider auch einige auf der Strecke“, so Dr. Frank Fuchs, Geschäftsführer der Gitterwerk GmbH.
©Michael Hesse/Dr. Frank Fuchs, Geschäftsführer der Gitterwerk GmbH in Magdala, zeigt ein sogenanntes Beugungsgitter.
©Michael Hesse/Dr. Frank Fuchs und Dr. Lorenz Stürzebecher, Geschäftsführer der Gitterwerk GmbH in Magdala, entwickeln Komponenten für Lasertechnik.
©Michael Hesse/Dr. Frank Fuchs und Dr. Lorenz Stürzebecher, Geschäftsführer der Gitterwerk GmbH in Magdala, entwickeln Komponenten für Lasertechnik.
In Thüringen daheim – in den USA aktiv.
Mittelständisches Unternehmen aus Mühlhausen beliefert US-Firmen:
Die Schliess- und Sicherungssysteme GmbH in Mühlhausen mit rund 200 Mitarbeitern ist ein Zulieferer für nationale und internationale Schienenfahrzeughersteller sowie Bahnbetreiber. Zur Produktpalette gehören Außen- und Innentüren, Glas- und Brandschutztüren, Fenster, Tritte, Haltestangen und Gepäckablagen. Produziert wird seit 2016 auch für Transportunternehmen in den USA. Für die gilt der „Buy America Act“ – Fahrzeuge müssen im Land hergestellt sein. Und so hat die Mühlhäuser Firma schon vor Jahren ein Schwesterunternehmen in den Vereinigten Staaten gegründet, das generell das gleiche Produktportfolio herstellt und vertreibt. Allerdings sind einige Materialien wie bspw. Brandschutzdichtmaterial in der benötigten Güte in den USA nicht erhältlich. Ebenso werden Komponenten ausschließlich in Mühlhausen produzierte und weiterhin exportiert. Geschäftsführerin Mareike Hilke rechnet bei diesen Produkten mit einem Aufschlag von 10 bis 15 Prozent. Auch geht sie künftig von längeren Durchlaufzeiten bei der Zollfreigabe sowohl beim Im- als auch Export aus. Die Mühlhäuser Unternehmerin und ihr Partner Jens Meyer sind davon überzeugt, die Produkte werden für US-Kunden teurer.
„Wir planen aktuell immer mit größeren Materiallieferungen, um den zukünftigen Entwicklungen entgegen zu stehen. Auch suchen wir weiterhin lokale Lieferanten, um immer weniger Material aus Europa an die Kollegen liefern zu müssen. Teilweise beliefern wir natürlich Kunden direkt aus Deutschland – hier müssen wir aktuell intensiv die Preise bereits im „lokalen“ Einkauf in Europa kontrollieren, damit wir den gestiegen Exportpreisen kein Negativ-Geschäft hervorrufen“, informiert Geschäftsführerin Mareike Hilke.
©Michael Hesse/Jens Meyer und Mareike Hilke sind Geschäftsführer der Schliess- und Sicherungssysteme GmbH, ein Zulieferbetrieb für nationale und internationale Schienenfahrzeughersteller sowie Bahnbetreiber.
©Michael Hesse/Jens Meyer und Mareike Hilke sind Geschäftsführer der Schliess- und Sicherungssysteme GmbH, ein Zulieferbetrieb für nationale und internationale Schienenfahrzeughersteller sowie Bahnbetreiber.
Geschäfte auf internationalem Parkett sind langfristig angelegt.
Das gilt auch für die Gitterwerk GmbH in Magdala:
©Michael Hesse/Dr. Frank Fuchs und Dr. Lorenz Stürzebecher, Geschäftsführer der Gitterwerk GmbH in Magdala, haben eine Exportquote von knapp 60 Prozent.
Die Arbeit in den Reinräumen von Magdala ist bewusst entschleunigt. Das gilt auch für die Geschäfte der Gitterwerk GmbH, welche mit Lieferantenverträgen über ein bis zwei Jahre meist langfristig ausgerichtet sind. Im täglichen Geschäft ist die Diskussion um Zölle rauf oder runter daher kein Thema. Generell spüren die zwei Geschäftsführer jedoch einen Rückgang der Investitionsbereitschaft. High-Tech-Produkte, in denen ihre Komponenten stecken, sind teuer und benötigen hohe Investitionen. Dafür braucht es stabile politische Rahmenbedingungen. Verunsicherungen wie Zölle drängen Unternehmen in eine Wartehaltung und verzögern Investitionen. Besonders attraktiv ist aus Sicht von Dr. Lorenz Stürzebecher der europäische Markt.
„Man lebt in derselben Zeitzone. Man hat wenige kulturelle Barrieren. Und man hat natürlichen den freien Handel. Mit vielen Partnern teilen wir die gleiche Währung. Vergleichbare Handelsfreiheiten im globalen Stil sind – aus wirtschaftlicher Sicht – natürlich das Ideal“, erklärt Dr. Lorenz Stürzebecher, Geschäftsführer der Gitterwerk GmbH.
Thüringen punktet beim Export – das Jahr 2024 gilt als sehr erfolgreich
Die Thüringer Außenhandelsbilanz 2024 hat entgegen dem Bundestrend einen neuen Rekordwert erreicht. Laut Statistischem Bundesamt wurden von Thüringen aus weltweit Güter im Wert von 18,6 Milliarden Euro exportiert – gegenüber dem Vorjahr ein Plus von einem Prozent. Handelspartner Nummer 1 – und das neun Jahre in Folge – sind die Vereinigten Staaten. 2024 haben Thüringer Unternehmen aus dem Maschinen- und Fahrzeugbau, der optischen und elektronischen Industrie sowie der Datenverarbeitung Waren im Wert von über zwei Milliarden Euro in die USA ausgeführt – ein Anteil von fast 12 Prozent am Gesamtkuchen. Polen, Großbritannien, China und Frankreich folgen in der Rangliste.
Der Export spielt eine bedeutende Rolle für die Thüringer Wirtschaft. Wir haben eine Exportquote von knapp 35 Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt unseres Landes. Das ist nicht unerheblich. In den letzten Jahren haben die Thüringer Unternehmen ihre Warenausfuhr auch kontinuierlich steigern können. Die Importe gingen im Jahresvergleich 2024 zu 2023 um 6,2 Prozent zurück und erreichten einen Wert von 17,8 Milliarden Euro.
– Mark Bremer, Teamleiter International bei der IHK Erfurt
USA – vom Hoffnungsträger zum Problemfall
Nach der jüngsten IHK-Umfrage „Going International 2025“ erwarten 70 Prozent der Unternehmen spürbare Beeinträchtigungen durch die US-Handelspolitik. Und auch hausgemachte Probleme wie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – mit 36 Buchstaben ein Wort- und Bürokratiemonster – belasten die Firmen.
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