Der Spargelhof Kutzleben ist der größte Anbauer des Edelgemüses in Thüringen und exportiert bis über die Landesgrenzen hinweg. Dennoch stellen die gestiegenen Anforderungen aus Handel und Verwaltung Geschäftsführer Jan Niclas Imholze und sein Team vor Herausforderungen.
Idyllisch liegt der Spargelhof Kutzleben im Erfurter Becken. Etwa eine halbe Stunde dauert der Weg von der Erfurter Innenstadt, hin in den ländlichen Raum. Für Spargelhof-Geschäftsführer, Jan Niclas Imholze, ergibt sich die Lage aus den örtlichen Gegebenheiten. „Hier ist genau die richtige Erde für guten Spargel“, sagt er, während er in einem Container – seinem improvisierten Büro – am Spargelhof sitzt. Und während er das sagt, fährt ein langer weißer LKW auf das Gelände in Kutzleben. „Der geht dann nach Brandenburg an der Havel, wo ein Teil unseres Spargels etikettiert und an den Handel weitergegeben wird“, erklärt Imholze.
Eigene Banderolen für Regionalität
Dieses Verfahren habe sich erst in den letzten Jahren etabliert, zuvor seien alle Spargelstangen noch in Kutzleben gewaschen, sortiert und verpackt worden. „Inzwischen ist das aber vom Aufwand her gar nicht mehr möglich“, so Imholze. Dieser Wandel in der Logistik sei zügig vonstatten gegangen. Auch, weil die Ansprüche von Supermärkten und Discountern sich verändert hätten. Das Thema Regionalität spiele eine immer größere Rolle. Doch während früher die hellblaue Kutzleben-Banderole um die Spargelstangen ein Indiz dafür gewesen sei, würden viele Händler heute eigene Banderolen drucken, sagt der Spargel-Chef.
An diesen Banderolen beziehungsweise dem Anspruch der Großabnehmer hänge aber immer mehr dran. „Jede Lebensmittelkette hat seine eigenen Vorgaben, was Zertifikate und Nachweise angeht. Damit unser Produkt überhaupt zum Verkauf zugelassen wird, bedarf es vielfältiger Prüfungen und Dokumentationen“, so Imholze. Unzählige einzelne Nachweise führt der Spargelhof Kutzleben inzwischen. Themen wie Düngung, Aufbereitung und auch der Umgang mit Mitarbeitenden spielen dabei zusammen.
Ich würde mir wünschen, dass sich alle auf eine Art der Zertifikate einigen, das würde uns das Leben wirklich erleichtern.
– Jan Niclas Imholze, Geschäftsführer Spargelhof Kutzleben
Ein Dokument für jeden Moment
Eine große Pappkiste steht hier in seinem kleinen Container-Büro vor ihm. Darin Dutzende zusammengehefteter Zettel, die sich den jeweiligen Mitarbeitenden zuordnen lassen. Neben der Bürokratie für die Abnehmer des Edelgemüses, sind es auch die hiesigen Behörden, die alle möglichen Dinge nachgewiesen haben wollen. „Wir arbeiten schon seit vielen Jahren mit Spargelstechern aus Polen und aus Rumänien zusammen. Die meisten von ihnen kommen jede Saison wieder zu uns auf den Hof. Wir stellen ihnen Unterkünfte bereit und kümmern uns um die größeren und kleineren Kleinigkeiten des Lebens. So haben wir zum Beispiel eine eigene kleine Wäscherei für die Kleidung. Wir haben einen Transporter, den wir als rollenden Supermarkt bezeichnen und der unsere Spargelstecher draußen auf dem Feld mit Snacks und Getränken versorgt und wir fahren mindestens dreimal die Woche mit allen zum Einkaufen“, erzählt Geschäftsführer Imholze.
Immer mehr Bürokratie für Mitarbeiter-Betreuung
Dennoch sei auch der bürokratische Aufwand rund um die Mitarbeitenden aus Osteuropa in den vergangenen Jahren immer stärker angestiegen. „Wer bei uns eine Unterkunft bekommt, der braucht einen Mietvertrag mit klarer Regelung, was wie viel Geld kostet. Außerdem geht es um die Nachweise zum Lohn und zu dessen Auszahlung.“ Letzteres habe der Spargelhof über ein Treuhand-Konto geregelt, erklärt Imholze. Das Problem: Insbesondere die Männer aus Rumänien hätten oftmals kein Bankkonto, sondern würden den Lohn in bar ausgezahlt bekommen. Eine Schwierigkeit, die im durchstrukturierten Deutschland eine Ausnahme bilde. „Wir haben in dieser Saison insgesamt 123 Mitarbeiter, davon sind allein 80 in der Ernte beschäftigt“, sagt Jan Niclas Imholze und ergänzt: „Sie alle wissen, dass auf dem Feld der Grundstein für die Qualität und unseren Erfolg gelegt wird.“
Direktvermarktung und ihre Herausforderungen
Insgesamt auf 140 Hektar wachsen Bleich- und Grünspargel rund um Kutzleben. Die Stangen können am Tag etwa fünf bis zehn Zentimeter wachsen, müssen regelmäßig und behutsam gestochen werden. Nach einer Reinigung und Sortierung, gehen sie dann in den Verkauf – entweder an den Groß- und Einzelhandel oder in die Direktvermarktung des Spargelhofs. Gegenüber von Imholzes Schreibtisch hängt eine Thüringenkarte, in die Pinnadeln mit unterschiedlichen Farben gestochen sind. Sie zeigen die Verkaufsstände in der Region an – und diese Region erstreckt sich zum Teil sogar über die Landesgrenzen hinaus. Dennoch seien die eigenen Stände nicht nur Gewinnbringer, sondern auch Ausgabentreiber. Schuld habe, erklärt Jan Niclas Imholze, eine undurchsichtige Gesetzgebung.
„Bevor wir mit dem Verkauf überhaupt loslegen, braucht man schon einiges“, erklärt er und verweist etwa auf das digitale Kassensystem. „Schon vor einigen Jahren kam die Anforderung, dass unsere Waagen an den Ständen für das Finanzamt auslesbar sein müssen. Also kauften wir für mehrere Zehntausend Euro entsprechende Waagen. Mit einer Neuerung in der EU-Gesetzgebung, waren diese Waagen nicht mehr geeignet und es mussten schon wieder Neue her. Das Problem: Die alten Waagen brauchte keiner mehr und sie sind inzwischen so gut wie wertlos.“ Für einen mittelständischen Betrieb so wie das Landwirtschaftsunternehmen beim Spargelhof Kutzleben sei dies eine enorme Herausforderung, sagt der Geschäftsführer. Es wirke manchmal, als müsse man Investitionen um der Investitionen Willen machen, nur um die Bürokratie noch stärker aufzubauschen.
Text: Paul-Philipp Braun
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