Krey und Engel sind zwei, die eine gute Ahnung davon haben, wie die Wirtschaft im Freistaat heute aufgestellt ist – und was schon jetzt getan werden muss, damit das auch langfristig so bleibt. Krey, weil es für ihn als Geschäftsführer der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) Thüringen zum Alltag gehört, darüber nachzudenken, welche Rahmenbedingungen Unternehmen brauchen, um erfolgreich in Thüringen und von Thüringen aus arbeiten zu können. Engel, weil er als promovierter Arbeitssoziologe an der Friedrich-Schiller-Universität Jena ebenso zur Zukunft der Wirtschaft forscht, wie er diese Forschungen auch anwendet. Engel ist auch Mitglied des Zentrums Digitale Transformation Thüringen, das Unternehmen zu deren weiterer Entwicklung berät.
Demografie, Klimawandel, Digitalisierung
Die großen Trends, denen sich die Unternehmen im Land bis etwa zur Mitte dieses Jahrhunderts stellen müssen, sind nach übereinstimmender Einschätzung von Krey und Engel die, über die schon seit Langem gesprochen wird, die ihre volle Wirkmacht aber erst noch entfalten werden: Demografie, Klimawandel, Digitalisierung werden das Geschäft von Unternehmen noch viel mehr prägen als bislang, sagen beide. Allerdings dürften zumindest einige dieser Megatrends die verschiedenen Unternehmen auf unterschiedliche Art und Weise betreffen. Manche Unternehmen würden sich komplett neu erfinden müssen, während es für andere Unternehmen darum gehe, ihr Geschäftsmodell zum Beispiel digital zu ergänzen, sagt Engel. Auch Letzteres allerdings werde so manchen vor große Herausforderungen stellen.
„Wir fangen an vielen Stellen noch relativ klein an“, sagt Engel und erzählt die Geschichte eines Bauunternehmers, der eine eigene App für sein Unternehmen hat entwickeln lassen, um die Kommunikation zwischen Baustelle und Büro zu beschleunigen. Selbst solche kleinen Schritte zur Digitalisierung seien oft schon recht herausfordernd, sagt Engel. Anders sieht es dagegen bei der Demografie aus, die die Wirtschaft in ihrer vollen Breite vor ein riesiges Problem stellt. Krey sagt, durch den demografisch bedingten Fachkräftemangel sei der Unternehmer in Zukunft noch mehr als Kümmerer gefordert. Eine zentrale Frage für ihn werde sein: „Wie geht es meinen Mitarbeitern?“ Nur, wer sich um seine Mitarbeiter sorge, werde in der Lage sein, seinen besten Vorarbeiter zu überzeugen, zwei Jahre länger zu arbeiten, als der das eigentlich plane, und gleichzeitig junge Menschen für sich begeistern zu können.
Politik muss „Experimentierräume“ schaffen
Um diese Herausforderungen bewältigen zu können, fordern der LEG-Mann und der Forscher auch eine breite Unterstützung der Wirtschaft durch Politik und Staat. Beide gehen davon aus, dass die Branchen, die schon heute wichtig für Thüringen sind, hierzulande wichtig bleiben werden: die Automobilzulieferer, die Maschinen- und Anlagenbauer, die Optiker. Ergänzend verweist Engel darauf, dass die Bedeutung etwa der Gesundheits- und Pflegebranche und auch die der Digitalwirtschaft noch deutlich wachsen dürfte. Alles in allem, sagt Engel, gehe es darum, den Unternehmen, ihren Spitzen, aber auch den Beschäftigten heute den Rücken freizuhalten, damit sie sich Gedanken über morgen machen und ihre Ideen auch in die Tat umsetzen könnten. Die Politik müsse helfen, in den Unternehmen „Experimentierräume“ zu schaffen, Zusammenschlüsse und Kooperationen zwischen Unternehmen zu ermöglichen und sie muss dafür zu sorgen, dass die Ideen der Beschäftigten stärker berücksichtigt werden. All das könne und müsse auch durch staatliche Förderprogramme angeschoben und unterstützt werden.
Der Weg in die Zukunft
Immerhin: Krey sagt, bei der so wichtigen Bereitschaft der Unternehmen zu kooperieren, habe es zuletzt einige Fortschritte gegeben. Zwar gebe es noch immer manche, die glaubten, durch Kooperationen gingen ihnen Kompetenzen verloren. Aber: „Das ist nicht so“, sagt Krey. Und diese Einsicht wachse und wachse. Bei allen Unwägbarkeiten, die die Zukunft bringt, ist also eins klar: Der anstehende Wandel hat so viele Facetten, dass die nächsten Jahrzehnte alles andere als langweilig werden.
Autor: Sebastian Haak
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