Neue EU-Maschinenverordnung: Was kommt auf Ihr Unternehmen zu?

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Neue Maschinenverordnung und CE-Kennzeichnung
Warum sollte ich diesen Artikel lesen?
  • Aktuell überarbeitet die EU-Kommission die seit 2006 geltende Maschinenrichtlinie 2006/42/EG. Sie soll von der „EU-Verordnung über Maschinenprodukte“ abgelöst werden.
  • Grundsätzlich können alle Wirtschaftsakteure von der Neuordnung betroffen sein.
  • Es ist daher empfehlenswert, sich frühzeitig über Änderungen zu informieren.

Aktuell überarbeitet die EU-Kommission die seit 2006 geltende Maschinenrichtlinie 2006/42/EG. Sie soll von der „EU-Verordnung über Maschinenprodukte“ abgelöst werden. Lesen Sie, welche wichtigen Änderungen zu erwarten sind und welche Zusammenhänge zu anderen neuen EU-Regularien – etwa zu Künstlicher Intelligenz oder Cybersicherheit –zukünftig für Hersteller, Importeure (Einführer), (Online-)Händler, Bevollmächtigte und Inverkehrbringer von Maschinen wichtig sein können.

Ab wann tritt die neue Verordnung in Kraft?

Die neue EU- Verordnung wird direkte Gesetzeskraft haben. Wann allerdings die Verordnung in Kraft tritt, ist noch nicht bekannt. Der Entwurf sieht aber eine Übergangsfrist von 30 Monaten nach Inkrafttreten vor, während die aktuelle Maschinenrichtlinie 2006/42/EG ihre Gültigkeit behält1.

Wer ist alles von der neuen EU-Maschinenverordnung betroffen?

Grundsätzlich können alle Wirtschaftsakteure von der Neuordnung betroffen sein. Es ist daher empfehlenswert, sich frühzeitig über Änderungen im Vergleich zur aktuellen Maschinenrichtlinie 2006/42/EG zu informieren. Nur wer nach Inkrafttreten der neuen Verordnung und Ablauf der Übergangsfrist die entsprechenden Anforderungen erfüllt, darf seine Maschinen weiter in der EU bereitstellen, verkaufen oder importieren. Als „Reisepass“ für Maschinen ist die sogenannten CE-Kennzeichnung. Sie ist für Maschinen Pflicht.

Warum ist die neue Maschinenverordnung zu berücksichtigen?

Um Unklarheiten zu beseitigen: Mit der CE-Kennzeichnung erklärt ein Hersteller gegenüber den Marktaufsichtsbehörden, dass ein Produkt mit allen anzuwendenden Rechtsvorschriften konform ist, welche eine Anbringung des CE-Zeichens vorsehen. Die CE-Kennzeichnung ist hierbei keineswegs eine Selbsterklärung, sondern Ergebnis eines Konformitätsbewertungsverfahrens durch den Hersteller. Aufgrund der Vielfalt und den verschiedenen Wechselbeziehungen zwischen einzelnen Rechtsvorschriften wird die Thematik häufig als sehr komplex wahrgenommen.

Die IHK Erfurt unterstützt Hersteller und Importeure beim Einstieg in die Aufgabe der CE-Kennzeichnung ihrer Produkte. Nutzen Sie die Schritt-für-Schritt-Anleitung!

Der Weg zum sicheren Produkt: Schritt für Schritt

  1. SCHRITT 1: PRODUKT DEFINIEREN

    Von welchen Rechtsvorschriften ein Produkt erfasst wird, hängt im Wesentlichen von der Art, den Eigenschaften und der bestimmungsgemäßen Verwendung des Produktes ab. Deshalb empfiehlt es sich zunächst das eigene Produkt konkret zu definieren.

    Dabei sollten unterschiedliche Produktaspekte beachtet werden:
    (1) Die Art des Produktes wie z. B. Maschine, Aufzug, Sportboot, Drückgerät und/oder Medizinprodukt,
    (2) Die Eigenschaften des Produktes wie z. B. bewegliche Teile, Niederspannung und/oder elektromagnetische Verträglichkeit sowie
    (3) Die Verwendungsbedingungen des Produktes wie etwa die Verwendung in explosiver Atmosphäre, die Verwendung durch Kinder unter 14 Jahre sowie die Verwendung für militärische Zwecke u.s.w.

    NEU ist: „Maschinen mit hohem Risikopotential“
    Die bisher in Anhang IV der EG-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG enthaltene Liste von Maschinen mit hohem Risikopotenzial wird erweitert und findet sich künftig in Anhang I der neuen EU-Maschinenverordnung. Änderungen dieser Liste können künftig von der EU-Kommission durch delegierten Rechtsakt vorgenommen werden. Für diese Maschinen sieht der Entwurf verpflichtend die Beiziehung benannter Stellen vor, auch dann, wenn harmonisierte Normen vorhanden sind: „(…) nur eine Zertifizierung durch Dritte akzeptiert, selbst wenn die Hersteller die einschlägigen harmonisierten Normen anwenden.“
  2. Schritt 2: Richtlinien und Normen ermitteln
    In diesem Schritt wird ermittelt, welche der mehr als 20 Richtlinien, die eine CE-Kennzeichnung für bestimmte Produktkategorien fordern, auf das eigene Produkt angewendet werden muss. Anhand der Produktangaben in Schritt 1, muss genau nachgelesen werden, ob die jeweiligen Rechtsvorschriften anzuwenden sind oder nicht. Um die Vorauswahl möglicher Rechtsvorschriften festlegen zu können, braucht man eine Übersicht der einschlägigen Rechtsvorschriften. Viele dieser Richtlinien, Gesetze und Verordnungen finden sich auf der Internetseite der EU oder unter www.ce-richtlinien.eu .

    In Normen werden die allgemeinen Anforderungen der CE-Richtlinien konkretisiert. Dabei werden die grundlegenden und wichtigsten Anforderungen an Produkte auf europäischer Ebene harmonisiert. Diese harmonisierten Normen gelten EU-weit und sind bevorzugt anzuwenden. Eine Vielzahl von Normen unterschiedlicher Normentypen (Typ A, Typ B, Typ C) sind für Hersteller und Importeure relevant.
  3. Schritt 3: Bekannte Stelle
    Jede CE-Richtlinie legt fest, ob eine „Benannte Stelle“ in das Konformitätsbewertungsverfahren zur CE-Kennzeichnung eingebunden werden muss. Dies ist nicht für alle Produkte verpflichtend. Daher ist festzustellen, ob eine „Benannte Stelle“ tatsächlich herangezogen werden muss. Diese Stellen sind im NANDO-Verzeichnis (New Approach Notified and Designated Organisations) aufgelistet und können dort recherchiert werden. Die Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS) ist die nationale Akkreditierungsstelle für Deutschland und überwacht die deutschen Konformitätsbewertungsstellen. In der Datenbank der akkreditierten Stellen werden alle Labore und Zertifizierungsstellen aufgelistet, die Produkte prüfen dürfen.
  4. Schritt 4: Konformitätsverfahren durchführen und verfassen
    Produkte dürfen nur dann in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, wenn sie mit der CE-Kennzeichnung versehen sind. Die CE-Kennzeichnung darf angebracht werden, wenn die Produkte die „Grundlegenden Anforderungen“ erfüllen und das vorgeschriebene Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt wurde. Welches Konformitätsbewertungsverfahren durchzuführen und in welchem Umfang dabei eine „Benannte Stelle“ zu beteiligen ist, hängt von der jeweiligen Richtlinie ab. Die Erfüllung der „Grundlegenden“ sowie der „übrigen gesetzlichen Anforderungen“ ist in einem formellen Konformitätsbewertungsverfahren festzustellen.

    Mit der Ausstellung der Konformitätserklärung übernimmt der Hersteller die Verantwortung für die Konformität des Produktes. Bei importierten Produkten aus einem Drittland muss der Einführer diese Verantwortung übernehmen. Die Angaben, die eine Konformitätserklärung beinhalten muss, sind im Anhang der jeweiligen EU-Richtlinie oder EU-Verordnung vorgegeben. Die Konformitätserklärung muss in eine Amtssprache des Verwendungslandes übersetzt werden, in dem das Produkt in Verkehr gebracht wird.

    NEU ist: Laut Vorschlag soll die Pflicht für die Durchführung eines neuen Konformitätsbewertungsverfahrens – sofern es sich um eine wesentliche Veränderung handelt – auch explizit in den Text der Verordnung aufgenommen werden.

    NEU ist auch: „Risikobewertung bei Maschinen mit autonomen Verhalten“
    Bevor Hersteller eine Maschine in Verkehr bringen/in Betrieb nehmen dürfen, muss eine Risikobewertung mit Blick auf Sicherheit und Gesundheitsschutz vorgenommen werden. Neu ist, dass bei Maschinen mit sich entwickelndem und autonomem Verhalten auch die Risiken einbezogen werden müssen, die nach dem Inverkehrbringen der Maschine aufgrund ihres sich entwickelnden und autonomen Verhaltens auftreten können.
  5. Schritt 5: Erstellung der technischen Unterlagen
    Das Zusammenstellen der technischen Dokumentation wie z. B. die Betriebsanleitung, Baumusterbescheinigung, Schaltplan usw. ist ein wesentlicher Schritt. Die technische Dokumentation muss zur Einsicht bereitgestellt und auf Anfrage zusammen mit der EG-Konformitätserklärung jederzeit den zuständigen Behörden vorgelegt werden können.

    NEU ist: „Papierlose Dokumente: Digitale Betriebsanleitung und digitale Konformitätserklärung“
    Bis heute müssen Hersteller ihren Maschinen ausführliche Handbücher in Papierform mitliefern – und zwar in allen Amtssprachen der EU-Länder, in die das Produkt vertrieben wird. Digitale Betriebsanleitungen sind auch für b2b-Maschinen zukünftig grundsätzlich erlaubt. Papierfassungen müssen auf Wunsch des Endkunden binnen sechs Monaten ab Kauf nachgeliefert werden. Darüber hinaus werden in Anhang 3 1.7 des Verordnungsentwurfs grundlegende (obligatorische) Anforderungen an Betriebsanleitungen und Informationen festgelegt.
  6. Schritt 6: Kennzeichnen des Produktes
    Mit der CE-Kennzeichnung wird die Konformität des Produktes mit allen anzuwendenden Rechtsvorschriften bescheinigt. Die CE-Kennzeichnung muss in der vorgegebenen Form dauerhaft gut sichtbar und lesbar auf dem Produkt angebracht werden. Falls eine notifizierte Stelle in das Konformitätsbewertungsverfahren eingebunden wurde, muss deren vierstellige Kennnummer hinter der CE-Kennzeichnung auf dem Produkt angebracht werden.

    Fordern EU-Rechtsvorschriften eine weitere bzw. andere Kennzeichnung als die CE-Kennzeichnung, so muss diese ebenfalls auf dem Produkt angebracht werden. Der Hersteller muss seinen Namen oder seine eingetragene Handelsmarke und seine Kontaktanschrift sowie eine eindeutige Identifikation des Produktes (z.B. Marke, Modell oder Typennummer) auf dem Produkt dauerhaft anbringen. Diese Anforderung gilt für jedes Produkt. Nur wenn die Kennzeichnung auf dem Produkt nicht möglich ist, kann sie in begründeten Fällen ausnahmsweise auf der Verpackung erfolgen.

    Wird das Produkt aus einem Drittstaat importiert, sind zusätzlich zu den Herstellerangaben auch der Name und die Kontaktanschrift des Einführers auf dem Produkt bzw. der Verpackung anzubringen.

Die enormen technologischen Fortschritte in Bereichen wie Digitalisierung, künstliche Intelligenz und kollaborative Robotik stellen die Industrie aber mittlerweile vor neue Herausforderungen – ganz besonders wenn es um Sicherheitsfragen in diesen Bereichen geht. Machen Sie sich auch vertraut mit den neuen Vorschriften zum Thema Künstliche Intelligent und IT- Sicherheit.

Künstliche Intelligenz

Auf der Seite Neue Vorschriften für künstliche Intelligenz – Fragen und Antworten sagt die EU-Kommission zum Zusammenspiel der geplanten KI-Verordnung und der Maschinenverordnung:

„Beide ergänzen sich. In der KI-Verordnung geht es um die Sicherheitsrisiken, die von KI-Systemen ausgehen, die Sicherheitsfunktionen in Maschinen steuern, wogegen die Maschinenverordnung gegebenenfalls gewährleisten soll, dass ein KI-System auf sichere Weise in die gesamte Maschine integriert wird, damit die Sicherheit der Maschine insgesamt nicht beeinträchtigt wird. …Die Unternehmen werden für beide Verordnungen (KI-Verordnung und Maschinenverordnung) nur eine einzige Konformitätsbewertung durchführen müssen.“

Anforderungen an die IT-Sicherheit

Hersteller von Maschinen müssen Vorkehrungen gegen Risiken treffen, die sich aus böswilligen Handlungen Dritter ergeben können und die Maschinensicherheit betreffen. Das gilt für Manipulationen durch den Anschluss von oder Kommunikation mit anderer Hardware ebenso wie für die Maschinen-Software (z. B. Hacker-Angriffe). Der Verordnungsentwurf sieht hierfür neue grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderung (Anhang III, 1.1.9) vor.

IHK-Beratung und Unterstützung zur CE-Kennzeichnung von Produkten in den Bereichen

  • Risikoanalyse und -bewertung,
  • EU-Konformitätserklärung und Produktkennzeichnung,
  • Integration der CE-Prozesse in den betrieblichen Ablauf.

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