Frühwarnstufe Gas – Worst Case Lieferstopp: Was tun?

©istock/onurdongel
Gashahn an einer Pipeline
Warum sollte ich diesen Artikel lesen?
  • Die Bundesregierung rechnet damit, dass Russland auf Rubelzahlung für Brennstoffe besteht und es zu einem Lieferstopp für Gas kommt. Eine Abschaltung hätte extreme wirtschaftliche Folgen.
  • Eine enorme zusätzliche Belastung, die vor dem Hintergrund bereits bestehender massiver Energiepreissteigerungen die Unternehmen weiter beeinträchtigt.
  • Wir haben die wichtigsten Hintergrundinformationen zur Energiepreissteigerungen und mögliche Handlungsoptionen zusammengefasst.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat am 30. März 2022 die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Hintergrund ist ein möglicher Lieferstopp aus Russland. Die Regierung rechnet damit, dass Russland auf Rubelzahlung für Brennstoffe besteht und es in der Folge zu einem Lieferstopp kommt. Betroffen sind viele Unternehmen, die jetzt schon unter den massiven Energiepreissteigerungen leiden. Eine Abschaltung hätte extreme wirtschaftliche Folgen. Dabei wären letztlich alle Wertschöpfungsketten negativ beeinflusst – und: neben den Gaspreisen würden auch die Strompreise explodieren. Damit wären auch Unternehmen betroffen, die kein oder wenig Gas einsetzen – auch deshalb wären die wirtschaftlichen Auswirkungen gravierender als vielfach angenommen.

Karsten Kurth

Für die Unternehmen ist der drohende Gaslieferstopp ein Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringen kann. Was genau auf die Betriebe zukommt ist derzeit schwer abzuschätzen. In der gegenwärtigen Situation ist erst einmal Gelassenheit geboten – eine Strategie ist dennoch wichtig!

– Karsten Kurth, IHK-Experte Energie und Klima

Viele Unternehmen haben spätestens seit Anstieg der Energiepreise im letzten Jahr sämtliche praktikablen Maßnahmen zur Senkung ihres Energieverbrauchs ergriffen. Ihnen bleiben daher oft keine kurzfristigen Einsparmöglichkeiten – außer die eigene Wirtschaftstätigkeit einzuschränken oder einzustellen. In jedem Fall ist es ratsam, mit den Gasnetzbetreibern in Austausch zu treten und sich intensiv mit möglichen Folgen von Versorgungsengpässen auseinanderzusetzen.

Zum Hintergrund der bestehenden massiven Energiepreissteigerungen

Die Großhandelspreise für Strom und Gas sind derzeit sehr volatil und bewegen sich nach der langen Niedrigpreisphase auf historisch hohen Niveaus. Auch andere Energieträger wie Öl und Kohle sind so teuer wie lange nicht mehr. Zusätzlich befindet sich der Preis für eine Tonne Kohlendioxid im europäischen Emissionshandel (EU-ETS) auf einem Allzeithoch. Dies hat Rückwirkungen auf den Strompreis und resultiert in steigenden Kosten für Unternehmen.

Zu dem Preisanstieg tragen eine Reihe von Faktoren bei:

  • Erholung der Wirtschaft nach coronabedingtem Einbruch und daraus resultierend ein Anstieg des Energiebedarfes weltweit
  • der lange, kalte Winter in 2020/2021 in dem mehr geheizt wurde, gefolgt von einem langen, heißen Sommer mit einem verstärkten Einsatz von Kühlvorrichtungen – beides hat den Energiebedarf zusätzlich in die Höhe schnellen lassen
  • ein beispielloser Anstieg der Gaspreise auf den Weltmärkten um mehr als 170 % seit Mitte 2021
  • eine geringere Erzeugung Erneuerbarer Energien im Jahr 2021, etwa 5 % weniger als in den vorangegangenen Jahren
  • eine steigende Nachfrage nach Flüssiggas und der daraus resultierende Preisanstieg
  • ein höherer Gasverbrauch in Asien
  • zunehmende geopolitische Spannungen

Handlungsoptionen für Unternehmen

Die Ausmaße des Preisanstieges haben Experten und Verbraucher gleichermaßen überrascht. Handlungsoptionen, die Unternehmen kurzfristig entlasten, sind daher auch sehr schwer zu bestimmen. Im Folgenden finden Sie dennoch verschiedene Möglichkeiten, auf die Energiepreise zu reagieren.

kurzfristige Lösungsansätze

  • Anbieterwechsel: Leider ist diese Möglichkeit in ihrer Wirkung sehr begrenzt, die Suche nach einem günstigen Vertrag gleicht einer Lotterie.
  • Anpassen der Produktion: Das heißt, soweit es möglich und wirtschaftlich ist, kann die Produktion verlagert, reduziert oder zeitlich verschoben werden. In der aktuellen Situation wollen diese Schritte gut überlegt sein, denn die Energiepreise sind weltweit sehr hoch und ein Ende dieser Hochpreisphase ist nicht abzusehen.
  • Prüfen Sie mögliche Kompensationen: Rund ein Drittel der Thüringer Unternehmen, die eine Strom- beziehungsweise Energiesteuerrückerstattung in Anspruch nehmen können, tun dies nicht.
  • Prüfen Sie die Preiserhöhungen: Der Gesetzgeber hat hier im Energiesektor klare Grenzen vorgegeben. Der Lieferant ist zu höchstmöglicher Transparenz verpflichtet und darf lediglich die Preise im Großhandel weitergeben.
  • Kostenweitergabe: Versuchen Sie zumindest einen Teil der gestiegenen Energiekosten an die Kunden weiterzugeben. Gestalten Sie diese Preiserhöhung so transparent wie möglich.

mittelfristige Lösungsansätze

  • Strategie: Entwickeln Sie eine Strategie für den Energieeinkauf und die Kostenkalkulation Ihrer Gesamtproduktion. Das Risiko von massiven Preissprüngen am Energiemarkt wird in der Zukunft zunehmen. Deshalb sollten Energiekosten Teil des Risikomanagements sein.
  • Energieeffizienz: Die Erhöhung der Energieeffizienz im Unternehmen ist eine der wichtigsten Maßnahmen.
  • Vertragsgestaltung: Achten Sie bei der Vertragsgestaltung im Energieeinkauf auf langfristige Verträge, zumindest für einen Teil der bezogenen Energiemengen. Dies dämpft die Wirkung von starken Preisschwankungen. Zusätzlich sollten Sie im Verkauf die Möglichkeit von energiebezogenen Preisschwankungen einkalkulieren. Ein Instrument sind Gleitpreisklauseln.

langfristige Lösungsansätze

  • Energieeffizienz: Betrachten Sie die Energieflüsse in Ihrem Unternehmen im Gesamten und gestalten Sie die Prozesse energieeffizienter. Ein Energiemanagementsystem wie die DIN ISO 50.001 oder Energieaudits sind bei der systematischen Entwicklung von Energieeffizienzmaßnahmen sehr hilfreich.
  • Energieversorgung: Nehmen Sie die Energieversorgung zumindest für einen Teil der benötigten Energiemengen in die eigene Hand.
  • Produktportfolio: Passen Sie Ihr Produktportfolio soweit möglich an.
  • Verbrauchsstrukturen: Achten Sie bei Neuinvestitionen auf die effiziente und effektive Nutzung von Energie.

Alle Informationen und Details zum Nachlesen finden Sie hier:

Informationen zum Krisenmanagement und -vorsorge (Gas) der Bundesnetzagentur:

Notfallplan Gas der Bundesregierung:

Weitere Informationen zum Thema Energie und Umwelt finden Sie auch auf der Homepage der IHK Erfurt.

Kontaktieren
Sie Ihren
IHK-Experten:
Karsten Kurth

Karsten Kurth

Tel: 0361-3484310

E-Mail: karsten.kurth@erfurt.ihk.de

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