Rechtsfähigkeit der GbR
Im Personengesellschaftsrecht stehen ab 2024 zahlreiche Veränderungen für Unternehmen an: Die Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die am Rechtsverkehr teilnehmen soll, wird ausdrücklich anerkannt und viele Regelungen für die Personengesellschaften geändert. Ein neues Gesellschaftsregister soll für mehr Transparenz bei der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts sorgen. Und Personenhandelsgesellschaften werden grundsätzlich auch für Angehörige freier Berufe geöffnet. Für Unternehmen könnte also Anpassungs- und Ergänzungsbedarf ihrer Gesellschaftsverträge bestehen.
Erster Überblick über die Modernisierung des Personengesellschaftsrechts
Eine wichtige Veränderung im Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts ist, dass der Gesetzgeber der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ausdrücklich Rechtsfähigkeit verliehen hat. Die GbR verfügt damit, wenn sie nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll, über eigenes Vermögen. Neben der rechtsfähigen GbR wird es weiterhin eine nicht rechtsfähige GbR geben, die den Gesellschaftern zur Ausgestaltung ihres Rechtsverhältnisses untereinander dient, nicht am Rechtsverkehr teilnehmen soll und über kein Vermögen verfügt.
Manche der bestehenden rechtsfähigen GbR werden sich künftig in einem noch neu zu schaffenden öffentlichen Gesellschaftsregister am Amtsgericht registrieren lassen. GbR, die selbst Gesellschafter in einer Personengesellschaft oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) sind oder Namensaktien einer Aktiengesellschaft (AG) halten, werden ihre Rechte ansonsten nicht ausüben oder Änderungen an diesen Rechten nicht eintragen lassen können. Will eine GbR Gesellschafterin werden oder Namensaktien erwerben, so bedarf es einer Registrierung der GbR, um im jeweiligen Register beziehungsweise in der Gesellschafterliste eingetragen werden zu können. Hat eine GbR Rechte an Grundstücken oder an eingetragenen Schiffen und will diese ändern oder solche erwerben, so sieht das Gesetz ebenfalls eine Registrierung der GbR vor.
Eintragung ins Gesellschaftsregister: registrierte GbR oder nicht registrierte GbR?
Eine Registrierung der GbR – durch alle Gesellschafter gemeinsam unter Einbindung eines Notars – führt u. a. grundsätzlich dazu, dass die GbR den Rechtsformzusatz „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder „eGbR“ zu führen hat, neben ihrem Verwaltungssitz auch einen abweichenden Vertragssitz haben kann und den entsprechenden Regelungen zur Firmierung unterliegt. Veränderungen am Gesellschafterbestand etc. sind nach der Registrierung beim Gesellschaftsregister über einen Notar anzumelden. Wichtig ist auch, dass die GbR mit ihrer Registrierung verpflichtet wird, den bzw. die wirtschaftlich Berechtigten beziehungsweise Änderungen dieser im Transparenzregister einzutragen.
Alle anderen GbR können sich freiwillig in das Gesellschaftsregister eintragen lassen – vor einer solchen Eintragung sollten sie sich jedoch mit den damit verbundenen Folgen und Pflichten befassen. Das Gesellschaftsregister ist ein separates Register, nicht zu verwechseln mit dem Handelsregister, in welchem nur Kaufleute eingetragen werden. Eine eingetragene GbR kann sich dann mittels eines Statuswechsels zu einer Personenhandelsgesellschaft weiterentwickeln oder nach der Liquidation gelöscht werden. Die Rückkehr der registrierten GbR zu einer nicht registrierten GbR ist vom Gesetzgeber nicht vorgesehen, um Transparenz und Verkehrsschutz zu wahren.
Bestehende GbR sollten prüfen, ob die geänderten gesetzlichen Regelungen zu Stimmkraft, Beschlussfassung, Geschäftsführungsbefugnis, Vertretungsbefugnis, Ausscheiden eines Gesellschafters etc. Änderungen oder Ergänzungen ihres Gesellschaftsvertrags erfordern. Der Gesetzgeber hat zudem Gesellschaftern einer GbR die Möglichkeit gegeben, dass sie unter bestimmten Voraussetzungen bis zum 31. Dezember 2024 schriftlich gegenüber der GbR verlangen können, dass die bislang geltenden gesetzlichen Regelungen zur Kündigung und Auflösung der Gesellschaft (z. B. Auflösung bei Versterben eines Gesellschafters), die für sie bisher maßgeblich waren, §§ 723 BGB bis 728 BGB a. F. weiter für die GbR angewendet werden, vgl. § 61 EGBGB.
Änderungen auch für
Personenhandelsgesellschaften
Darüber hinaus wurden auch für Personenhandelsgesellschaften, das heißt für Offene Handelsgesellschaften (OHG) und Kommanditgesellschaften (KG), einige gesetzliche Vorgaben geändert. Künftig ist es Angehörigen freier Berufe – soweit berufsrechtlich zulässig – möglich, eine Personenhandelsgesellschaft zu gründen. Für Anwälte und Steuerberater hat der Gesetzgeber diese Zulässigkeit bereits eröffnet. Zudem haben Personenhandelsgesellschaften künftig die Möglichkeit, neben ihrem Verwaltungssitz einen Vertragssitz festzulegen.
Das neue Beschlussmängelrecht, die Informationsrechte des Kommanditisten, die Vorgaben zur Aufstellung und Feststellung des Jahresabschlusses, die Regelungen zur Anteilsquote am Gewinn/Verlust etc. lohnen einen vertieften Blick für bestehende OHG und KG in die künftigen Regelungen des HGB. Bestehende Offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften sollten ebenfalls die Zeit nutzen und etwaigen Anpassungs- und Ergänzungsbedarf ihrer Gesellschaftsverträge prüfen.
Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts tritt überwiegend am 1. Januar 2024 in Kraft.
Quelle: Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts, Bundesgesetzblatt, Teil I, Nr. 53, vom 17. August 2021, Seite 3436ff.:
Autorin: Annika Böhm
Weitere Details zu den Änderungen finden Sie im Gesetzestext: