Raus aus der EU? Der sichere Weg zum schnellen Niedergang!

©Anne Günther, FSU/Prof. Dr. Andreas Freytag, Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik, Friedrich-Schiller-Universität Jena
Warum sollte ich diesen Artikel lesen?
  • Der Jenaer Professor für Wirtschaftspolitik Andreas Freytag kommentiert den Umgang mit Kritik an der EU.
  • Er erklärt, warum für Ihn ein Ausstieg aus der EU nicht in Frage kommt.
  • Lesen Sie, welche Forderungen und Ideen Freytag zur Europawahl im Sommer 2024 hat.

Ein Kommentar des Jenaer Wirtschaftspolitik-Professors Andreas Freytag über die EU und die Notwendigkeit, sie zu kritisieren.

Aus der Europäischen Union (EU) kommen im Europawahljahr 2024 wahrlich nicht viele gute Nachrichten. Streit mit den renitenten Ungarn (und bis vor Kurzem auch Polen), eine brüchige Achse Paris-Berlin, gescheiterte Verhandlungen zu Freihandelsabkommen mit Australien und Mercosur, umstrittene Pläne für eine kostspielige europäische Lieferketten-Richtlinie und Unverständnis außerhalb Europas für das bisweilen paternalistische Auftreten europäischer Akteure lassen vergessen, welchen Zwecken die europäische Integration eigentlich dient.

Die Europäische Union als Friedensprogramm

Sie ist ein grandioses Friedensprogramm – nicht nur wurden aus Erzfeinden diesseits und jenseits des Rheins befreundete Integrationsmotoren, auch andere frühere Feinde sind heute verlässliche Partner. Der Europäische Binnenmarkt hat dem Kontinent seit Mitte der 1980er Jahre – also schon lange vor seiner Realisierung – neuen Schwung verliehen, der dann zu verschiedenen erfolgreichen Erweiterungsrunden genutzt wurde. Die Attraktivität der EU ist nach wie vor so groß, dass die Beitrittsoption sogar in Serbien und der Türkei noch nicht vom Tisch ist. Und aus deutscher Sicht stellt die EU den größten Markt dar; mehr als die Hälfte der Thüringer Exporte gehen in EU-Mitgliedsländer. Unser Wohlstand und unsere Freiheit sind unmittelbare Folgen der europäischen Integration.
Dessen ungeachtet kommt von rechtsaußen die Forderung nach dem Austritt Deutschlands aus der EU. Im Vordergrund stehen dabei weniger ökonomische Gründe als Angst vor dem Unbekannten und der Wunsch, die Deutschen mögen unter sich bleiben. Nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht, sondern mehr noch aus gesellschaftlicher Perspektive wäre es eine folgenschwere Dummheit, aus der EU auszutreten. Der Brexit taugt als Vorbild nur, wenn man ein Land im dramatischen Niedergang folgen will – das betrifft in Großbritannien neben der Wirtschaft zum Beispiel den Gesundheitssektor, die Bildung und das gesamte gesellschaftliche Klima.

Kritik ja, Nationalismus nein

Daraus aber zu schließen, dass man die EU nicht kritisieren darf, wäre genauso fatal. Ganz im Gegenteil, es ist absolut unabdingbar, über die zukünftige Rolle der EU in einem sich stark verändernden geopolitischen Umfeld zu diskutieren. Immerhin haben die Versuche, jedwede Kritik an Europa als nationalistisch zu brandmarken, den Aufstieg der Alternativen für Deutschland (AfD) wesentlich befördert.

Daraus sollten alle überzeugten Europäer endlich lernen – wer die EU sachlich kritisiert, ist kein Feind Europas!

– Dr. Andreas Freytag, Professor für Wirtschaftspolitik

Bei der europapolitischen Diskussion darf auch die Tendenz der europäischen Organisationen, namentlich Parlament und Kommission, die Regelungsdichte insgesamt zu erhöhen, nicht ausgespart werden. Es ist immer zu prüfen, welche Ebene für ein Problem zuständig ist – allzu oft maßt man sich in Brüssel diese Zuständigkeit an, die ihnen bisweilen sehr leichtfertig aus den Hauptstädten übertragen wird. Diese Dynamik muss durchbrochen werden.

Gemeinsame Richtlinien für eine gemeinsame Wirtschaftsordnung

Es geht vor allem um persönliche Freizügigkeit, gemeinsame Sicherheitsanstrengungen und unternehmerische Freiheit. Neben verstärkten Investitionen in unsere Sicherheit und Klarheit in der Migrationspolitik muss es Deregulierung und Bürokratieabbau – in Deutschland und auf europäischer Ebene – geben; die Märkte müssen offenbleiben, Wanderung innerhalb Europas weiterhin problemlos möglich sein. Hier sollten alle an der Sache interessierten Parteien offensiv sein und die europapolitischen Alternativen diskutieren. Es geht nicht um das ob, sondern um das wie Europas – dies beschreibt die Themen für den Europawahlkampf, die uns in Thüringen interessieren sollten.

Der Autor des Texts, Andreas Freytag, ist Professor für Wirtschaftspolitik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Er ist Honorarprofessor an der Universität Stellenbosch in Südafrika und im CESifo Research Network.

Konrad Adenauer sagte einmal „Unser Ziel ist es, dass Europa einmal ein großes, gemeinsames Haus für die Europäer wird, ein Haus der Freiheit“. Diese Freiheit und der Frieden zwischen den EU Ländern ist meines Erachtens das höchste Gut der EU. Aus wirtschaftspolitischer Sicht sichert der EU Binnenmarkt, also der freie Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Personen und Kapital im gesamten Gebiet der EU, der Thüringer Wirtschaft Absatzmärkte und Arbeitsplätze und damit den Wohlstand unseres Landes.

– Roland Beil, Unternehmer und Vorsitzender des Außenwirtschaftsausschusses der IHK Erfurt
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