Fachkräfte aus Drittländern können einen erheblichen Beitrag zur Linderung der Personalnot hierzulande leisten. Fast zwei Millionen Stellen können die Betriebe derzeit in Deutschland nicht besetzen. Infolge der Nichtbesetzung gehen jährlich fast 100 Milliarden Euro an Wertschöpfung verloren.
Der Bundestag debattierte daher am 27. April 2023 über einen Gesetzentwurf zur erleichterten Zuwanderung für Fachkräfte. Dieser soll es qualifizierten Kräften aus dem Ausland erleichtern, in Deutschland eine Stelle anzunehmen – und das ist aus Sicht der Wirtschaft dringend erforderlich, da der Fachkräftemangel ein belastendes Dauerthema in vielen Betrieben ist. Fachkräfte aus dem Ausland können zumindest teilweise Abhilfe schaffen. Ziel ist es mit dem neuen Gesetzesentwurf, das Einwanderungsrecht zu modernisieren, um die Gewinnung von Fachkräften aus Drittstaaten zu erleichtern und damit dem herrschenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Zuwanderungsverfahren oft zu kompliziert und zu langwierig
Denn: Unternehmen in Deutschland sind für gut ausgebildete internationale Fachkräfte durchaus attraktiv. Allerdings sind unsere Zuwanderungsverfahren oft zu kompliziert, zu bürokratisch und dauern zu lange. Hier muss Deutschland schneller und digitaler werden. Nur dann könnten die Erleichterungen bei den Spielregeln für die Zuwanderung in der Praxis tatsächlich greifen – allem voran bei der Visumvergabe.
Die Erwerbseinwanderung wird künftig auf drei Säulen beruhen: (1) der Fachkräfte-Säule, der
(2) Erfahrungs-Säule und der (3) Potenzial-Säule.
Die drei Säulen der künftigen Erwerbseinwanderung
- Die Fachkräfte-Säule bleibt das zentrale Element der Einwanderung. Personen mit anerkannter Qualifikation sollen zukünftig jede Beschäftigung im nicht reglementierten Bereich ausüben dürfen. Die Gehaltsschwellen für die „Blaue Karte EU“ werden gesenkt und schaffen attraktivere Bedingungen für Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger.
- Die Erfahrung-Säule ermöglicht Fachkräften, die in ihrem Heimatland einen staatlich anerkannten Berufs- oder Hochschulabschluss absolviert haben und über zweijährige Berufserfahrung verfügen, ohne formale Anerkennung nach Deutschland einzureisen. Dies gilt für nicht reglementierte Berufe. Im Rahmen der Sonderregelung für berufserfahrene IT-Spezialisten, die bisher bereits ohne Abschluss nach Deutschland kommen konnten, wird die Gehaltsschwelle gesenkt und auf den Nachweis von Deutschkenntnissen verzichtet. Die sogenannte Anerkennungspartnerschaft sieht vor, bereits vor Einleitung des Anerkennungsverfahrens im voraussichtlichen Zielberuf in Deutschland beschäftigt werden zu können.
- Die Potenzial-Säule beinhaltet die Einführung einer Chancenkarte zur Arbeitssuche, die auf einem Punktesystem basiert. Zu den Auswahlkriterien sollen Qualifikation, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug und Alter gehören.
Richtiger Ansatz, aber Luft nach oben
Die aktuellen Vorschläge zur Reform gingen in der Intention in die richtige Richtung, lobte DIHK-Präsident Peter Adrian. Das gelte etwa für Erleichterungen für eine Zuwanderung ohne formal anerkannte Berufsqualifikation oder für die Möglichkeit, ein Anerkennungsverfahren erst in Deutschland anzustoßen.
„Die konkrete Ausgestaltung der Regelungen vergrößert allerdings leider an etlichen Stellen die ohnehin schon hohe Komplexität des Aufenthaltsrechts“, kritisiert der DIHK-Präsident. Es drohe zudem an manchen Stellen neue Bürokratie und bei einem Teil der Neuregelungen würden insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen benachteiligt. „Wir brauchen aber für Betriebe, Fachkräfte und Verwaltung gleichermaßen einfache, verständliche und transparente Regeln.“
Abzuwarten bleibt, wie die letztendliche Umsetzung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes aussieht.
Das vollständige Forderungspapier der IHK-Organisation finden Sie hier: